Max Wackwitz, Mitarbeiter von NATURSTROM

Ab 2021 weht ein anderer Wind

Für die Betreiberinnen und Betreiber von Windkraftanlagen der ersten Generation weht ab 2021 ein anderer Wind. Dann müssen die ältesten Mühlen nämlich ohne die Einspeisevergütung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) auskommen, die sie seit der Inbetriebnahme für jede erzeugte Kilowattstunde Ökostrom erhalten. Wie geht’s dann weiter? Wir erklären, wie sich alte Anlagen auch ohne EEG-Vergütung noch weiterdrehen können.

Der Strombedarf in Deutschland wird durch die Sektorkopplung – also die Nutzung von Ökostrom im Wärme- und Mobilitätssektor – in den nächsten Jahrzehnten sehr wahrscheinlich steigen. Jede Ökostromanlage, die diesen Bedarf mithilft zu decken, ist daher dringend nötig. So auch die alten Windräder, die günstig sauberen Strom produzieren. Günstig, aber nicht kostenlos – Wartung und Service, Pachten und nicht zuletzt die Einmalinvestitionen nach Ablauf der EEG-Förderdauer müssen wieder reingeholt werden. Deswegen ist es längst nicht ausgemachte Sache, dass sich alte Windmühlen auch künftig weiterdrehen.

Eine wichtige Stellschraube, um die Wirtschaftlichkeit des Weiterbetriebs zu sichern, ist die Vermarktung der erzeugten Strommengen – zum Beispiel direkt an Ökostromkunden. Hierin liegt eine der großen Chancen für die Anlagenbetreiber ebenso wie für die Stromkundinnen und -kunden.

Endlich echter Ökostrom!

Denn der Strom aus Anlagen, die die EEG-Vergütung erhalten, wird an der Strombörse in Leipzig verkauft. Dort verliert der Ökostrom bisher allerdings sein Herkunftsmerkmal, also seine Öko-Eigenschaft. Bei Endverbraucher*innen kommt er als eigenschaftsloser Graustrom an. Und die Ökostrom-Tarife, zu denen mittlerweile Millionen von Haushalten gewechselt sind? In den allermeisten Fällen bestehen diese Tarife aus Graustrom, der mit einem Ökostrom-herkunftsnachweis aus norwegischer Wasserkraft „grün gefärbt“ wird. Die Stromversorger erwerben diese Herkunftsnachweise, um zu belegen, dass für ihren verkauften Strom in Europa eine Kilowattstunde Ökostrom erzeugt wurde. Bisher bestand also kein direkter Zusammenhang zwischen dem Ökostromtarif eines Haushalts und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien vor der Haustür. Wenn die Post-EEG Phase beginnt, könnte sich das zum Glück ändern. „Bislang finden die Ökostromerzeugung in Deutschland und die Energiebeschaffung für Ökostromtarife in Parallelwelten statt. Das wird sich ab 2021 ändern, wenn mit Auslaufen der zwanzigjährigen EEG-Förderung Windstrom für die Belieferung von Endverbrauchern zur Verfügung steht.“, erläutert Oliver Hummel, Vorstand bei NATURSTROM.

Max Wackwitz

Projektleiter Max Wackwitz plant und realisiert Windkraftanlagen bei NATURSTROM © NATURSTROM AG

Auch auf die Kosten kommt es an

Für die Betreiber*innen gilt es in Zukunft, Abnehmer für ihren Ökostrom zu finden und neue Verträge mit Stromabnehmern oder Zwischenhändlern zu schließen. Aber die Stromvermarktung ist nur eine Seite der Medaille, es kommt auch auf die Kosten an. Denn Service, Wartung und Grundstückspachten sind Kostenblöcke, die großes Einsparpotenzial bergen – und somit womöglich einen Weiterbetrieb der Anlagen ermöglichen. Und auch über die technische Betriebsführung lässt sich viel erreichen: Bei Altanlagen wird es künftig nicht mehr darum gehen, möglichst viel Strom zu erzeugen – sondern möglichst wertvollen. Der Wert des Stroms im Großhandel schwankt je nach Angebot und Nachfrage. Beispielsweise ist Strom nachts sehr wenig wert, zur Mittagszeit eher viel. Mit gezielten Abschaltungen in Niedrigpreisphasen können alte Anlagen geschont und zugleich der durchschnittliche Wert des produzierten Stroms erhöht werden. Das verlängert das Leben der Anlagen und die Vermarktungseinbußen halten sich dabei deutlich in Grenzen.

Egal ob Erträge rauf oder Kosten runter – in allen Bereichen hilft NATURSTROM Anlagenbetreiberinnen und -betreibern als Partner auf Augenhöhe. Denn der Wind soll weiter wehen – und zwar in möglichst viele kreiselnde Mühlen.

Hanna Sissmann
hanna.sissmann@naturstrom.de

Arbeitete bis Mai 2020 in der Pressestelle von NATURSTROM und schrieb hier Blogartikel über die Energiewende, Nachhaltigkeit und Elektromobilität. Ein großes Interesse an Wind- und Solarenergie hat sie zu NATURSTROM geführt.

2 Kommentare
  • Simon
    Gepostet um 20:05h, 27 Mai Antworten

    Hallo! Vielen Dank für den informativen Artikel. Es wäre ja toll, wenn das Auslaufen der Einspeisevergütung den positiven Effekt hätte, dass die Tricks mit den Herkunftsnachweisen endlich ein Ende hätten. Bin ich zu pessimistisch, wenn ich davon ausgehe, dass die alten Windräder auch trotz Kostenoptimierung nicht mehr konkurrenzfähig sein werden?
    Ist nicht zu erwarten, dass der Großteil der Betreiber seine Anlagen aufgibt und wir das Problem haben werden, sie zu entsorgen?
    Für die Antwort besten Dank im Voraus.
    Viele Grüße
    Simon

  • Tim Loppe
    Gepostet um 18:25h, 05 Juni Antworten

    Hallo Simon,
    ob die alten Windräder noch wirtschaftlich weiterbetrieben werden können, hängt hauptsächlich an der Entwicklung an der Strombörse. Infolge von Corona sind dort die Preise noch einmal deutlich gesunken. Der Baseload-Terminmarktpreis für 2021, der die maßgebliche Referenz für den Abschluss von Stromabnahmeverträgen mit Altanlagen ist, pendelt aktuell um die 3,5 Cent. Das dürfte in der Tat für viele Binnenlandstandorte nicht reichen. Trotzdem ist nicht Hopfen und Malz verloren. Es kommt auf die Preisentwicklung in den nächsten Monaten an – und auch auf die Risikobereitschaft der Anlagenbetreiber.
    Viele Grüße
    Tim Loppe

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