Das Gebäudeenergiegesetz: Viel heiße Luft um heiße Luft – oder?

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) regelt die Vorgaben für Heizungen in Deutschland. Aktuell erhitzt es aber vor allem die Gemüter, da eine bevorstehende Novelle viele neue Vorgaben bringen könnte. Wir erläutern, was genau geplant ist, warum der Vorschlag erarbeitet wurde – und was das Heizungsgesetz mit Glühbirnen zu tun hat.

Erinnert ihr euch noch an die Leuchtmittel-Regulierung der EU im Jahr 2012? Kurz vor Inkrafttreten des Verkaufsverbots von besonders ineffizienten Glühbirnen stockte der Handel damals ein letztes Mal ordentlich die Bestände auf. Kund:innen deckten sich mit einem Dekaden-Vorrat an 100 Watt-Glühbirnen ein, um „nicht im Dunkeln zu sitzen“. Auf einmal gab es eine Vielzahl an Expert:innen für Lichtfarben und es wurde einem ungefragt erklärt, warum die neuen, effizienteren Birnen eine Gefahr für den eigenen Biorhythmus wären. Und durch das in den Energiesparlampen oft enthaltene Quecksilber, über das heute niemand mehr spricht, drohte quasi der Untergang des Abendlandes. So manch eine:r schimpfte in dieser Gemengelage lautstark über die „Regulierungswut“ der Politik. Dass die „neuen“ Birnen viel effizienter waren und so bares Geld gespart werden konnte, fiel dabei schnell unter den Tisch. Ein ähnliches Phänomen erfasst gerade den Heizungsmarkt: der Ansturm auf Öl- und Gasheizungen ist genauso wie die Aufregung über die Politik groß, denn schon bald sollen neue Heizungen einen deutlich höheren Mindestanteil an Erneuerbaren Energien erfüllen müssen.

Der Gebäudesektor in der Pflicht

Auslöser für das Rauschen im Blätterwald und den Last-Minute-Run auf fossile Heizungen ist eine kleine Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Das GEG regelt ganz allgemein den effizienten Einsatz von Erneuerbaren Energien in Gebäuden und ist bereits im Jahr 2020 in Kraft getreten. Natürlich gab es auch schon davor eine Regulierung des Wärmeeinsatzes im Gebäude, das GEG vereinte mehrere zuvor getrennte Gesetze. Das Heizen von Gebäuden hat insgesamt einen immensen Einfluss auf die CO₂-Emissionen (ca. 1/3 der Emissionen fallen im Gebäudesektor an), doch der Gebäudesektor hinkt auf dem Weg der Dekarbonisierung stark hinterher. Die GEG-Novelle soll die Wärmewende planbarer machen und ist so ein kleines Puzzlestück des großen Gesamtziels der Klimaneutralität bis 2045.

Die am 19. April vom Kabinett (noch nicht vom Bundestag!) beschlossene GEG-Novelle schlägt nun große Wellen, denn sie soll zum 1.1.2024 ein 65-Prozent-Kriterium für Erneuerbare Energie beim Einbau neuer Heizungen einführen. Das heißt, dass ab nächstem Jahr jede neue Heizung (im Neubau oder im Bestand) zu mindestens 65 Prozent mit Erneuerbarer Energie laufen muss. Zur Erfüllung des 65-Prozent-Kriteriums gibt es mehrere Optionen im Gesetz: der Anschluss an ein Wärmenetz, eine elektrische Wärmepumpe, eine Stromdirektheizung, eine solarthermische Anlage, eine Wärmepumpen-Hybridheizung oder eine mit grünem oder blauem Wasserstoff betriebene Heizung können laut GEG alle das 65-Prozent-Kriterium erfüllen. Im Bestand ist zusätzlich die Option einer Biomasseheizung vorgesehen. Tatsächlich war das nun im GEG verankerte 65-Prozent-Kriterium bereits im Koalitionsvertrag der Ampel vereinbart worden – da zwar zunächst noch für 2025, aber die grundsätzliche Richtung war lange absehbar.

Das 65-Prozent-Kriterium gilt nur für neue Heizungen

Entgegen einiger irreführender Schlagzeilen dürfen auch laufende Öl- und Gasheizungen nach Inkrafttreten der GEG-Novelle weiterbetrieben und gegebenenfalls repariert werden. Zwar erfüllen Öl- und Gasheizungen das 65-Prozent-Kriterium nicht, aber die GEG-Novelle adressiert schließlich nur neu eingebaute Heizungen. Eine funktionierende Öl- oder Gasheizung darf also über den 1.1.2024 hinaus regulär betrieben werden, bis irgendwann ein Heizungstausch ansteht. Zusätzlich bestehen Ausnahmen und Sonderfristen. Kommt es beispielsweise zur Heizungshavarie, also zum „Totalschaden“ der Heizung, sieht das Gesetz eine Übergangsfrist von bis zu 3 Jahren vor. Fällt also beispielsweise eine alte Gasheizung mitten im Winter endgültig aus, so kann eine Ersatz-Gasheizung eingebaut werden, um in Ruhe eine langfristige Lösung für eine neue Heizung zu finden. Eigentümer:innen, die älter als 80 Jahre sind, sind zudem vom 65-Prozent-Kriterium befreit. Findet nach der Heizungshavarie ein Eigentümer:innenwechsel statt, dann muss die Umrüstung innerhalb von 2 Jahren erfolgen. Spätestens ab 2045 dürfen laut Gesetz wirklich keine fossilen Heizungen mehr betrieben werden.

Nun scheint 2045 weit weg – doch ein Heizungstausch steht im Schnitt alle 20-30 Jahre an, sodass eine heute eingebaute Heizung voraussichtlich bis 2045 läuft. Viele Eigentümer:innen treffen die Entscheidung für eine neue Heizung nur ein- bis zweimal im Leben, die Investition in eine neue Heizung sollte deshalb gut überlegt sein – und man muss jetzt schon die Auswirkungen über eine lange Frist mitdenken. Übrigens nicht nur die Auswirkungen auf das Klima, sondern auch die auf den Geldbeutel, da fossile Energien absehbar deutlich teurer werden. Die GEG-Novelle soll Einfluss auf die Investitionsentscheidung von Gebäudebesitzer:innen nehmen und den Einbau neuer Heiztechnik ökonomisch wie ökologisch in nachhaltige Bahnen lenken. Ein Ziel, dass eigentlich alle teilen, gerade angesichts der großen Bedeutung des Wärmesektors für den Klimaschutz. Spannender als die Frage, welche Heizung man nicht mehr einbauen darf, sind daher die verschiedenen Optionen, die das Gesetz als zukunftsfähig einstuft.

Option 1: Anschluss an ein Wärmenetz

Durch den Anschluss eines Gebäudes an ein Wärmenetz (z.B. Fernwärme) wird das 65-Prozent-Kriterium automatisch erfüllt – unabhängig von der konkreten Wärmeerzeugung. Diese Wärmenetze werden aber gesondert reguliert und auf Dekarbonisierung verpflichtet. Wenn der Anschluss an ein geplantes Wärmenetz möglich ist, dann kann das 65-Prozent-Kriterium noch bis zu 10 Jahre außer Acht gelassen werden. Die Kommunen sollen dabei zukünftig einen sogenannten Transformationsplan vorlegen, um die Möglichkeit des Anschlusses an ein Wärmenetz für jedes Gebäude mit Ja oder Nein beantworten zu können.

Option 2: Elektrische Wärmepumpen

Grundsätzlich wird im Neubau fast nur noch mit elektrischen Wärmepumpen geplant, da es sich hier um die effizientesten und kostengünstigsten Optionen handelt. Auch im Bestand kommen immer häufiger elektrische Wärmepumpen zum Einsatz, da die Technologie mittlerweile keine zwingende Sanierung erfordert (siehe z.B. Studie von Agora Energiewende).

Option 3: Stromdirektheizungen

Stromdirektheizungen sind weitaus weniger effizient als Wärmepumpen, aber können im Einzelfall mit sehr geringen Wärmebedarfen eine passende Lösung im Neubau sein.

Option 4: Solarthermische Anlagen

Solarthermie benötigt eine möglichst große Dachfläche. Etwas pauschal lässt sich sagen: Je größer das Haus ist und je mehr Personen darin wohnen, desto eher lohnt sich eine Investition. Für den Klimaschutz ist Solarthermie immer ein Zugewinn.

Option 5: Wärmepumpen-Hybridheizungen

Die Kombination aus Wärmepumpe und beispielsweise Gas für Spitzenlasten ist besonders im Bestand interessant, um auch bei hohen Wärmebedarfen am kältesten Wintertag verlässlich heizen zu können.

Option 6: Wasserstoff-Heizungen

Diese Option ist möglicherweise in der Zukunft verfügbar. Heute wird noch kein einziges Gebäude in Deutschland über ein Wasserstoff-Netz betrieben, da diese Infrastruktur (noch) nicht existiert. Gasheizungen, die technisch auf Wasserstoff umstellbar wären, erfüllen als sogenannte „Wasserstoff ready“-Heizungen aber laut der GEG-Novelle das 65-Prozent-Kriterium. Als rares Gut wird grüner Wasserstoff voraussichtlich nicht für das Heizen von Gebäuden genutzt werden, sondern stattdessen in der Industrie Verwendung finden. Die Nachhaltigkeit von blauem Wasserstoff ist außerdem hochumstritten, da dieser aus Erdgas hergestellt wird und CO₂ als Beiprodukt anfällt.

Option 7: Biomasseheizungen

Diese Option umfasst die Vielzahl an Biomasse-Verbrennungen wie Pellets oder Holzhackschnitzel und schließt auch das Heizen mit Biomethan ein. Biomasseheizungen sind als Erfüllungsoption jedoch lediglich im Gebäudebestand vorgesehen.

 

Grundlegend lässt sich festhalten: Die Anzahl der Möglichkeiten für zukunftsfähiges Heizen ist groß und zahlreiche Länder wie beispielsweise Schweden machen bereits vor, dass Heizen ohne Öl und Gas möglich ist. Klar ist, dass niemand in den kommenden Jahrzehnten frieren muss, weil fossile Heizungen aus den Häusern verschwinden. Genau so, wie niemand seit 2012 im Dunkeln sitzt, weil ineffiziente Glühbirnen verboten wurden.

Caterina Marcucci
caterina.marcucci@naturstrom.de

unterstützt naturstrom seit Februar 2023 in der politischen Kommunikation. Die Politikwissenschaftlerin war vorher bei der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) zu den Themen Energieeffizienz und Wärmewende tätig.

2 Kommentare
  • Michael Buch
    Gepostet um 14:46h, 02 Mai Antworten

    Ich habe 2019 eine Gasheizung für eine 30 Jahre Ölheizung einbauen lassen, Entscheidungsgrund war auch das 100%-Biogas von Naturstrom. Wie wird dies hier gesehen?

    • Sven Kirrmann
      Gepostet um 16:56h, 03 Mai

      Hallo Michael
      ich bin nicht ganz sicher, worauf die Frage abzielt:

      Wenn es darum geht, ob du die Heizung auch nach der Novellierung des GEG weiternutzen kannst, kann ich jegliche Bedenken nehmen. Die Erneuerbaren-Pflichten gelten wie beschrieben nur beim Einbau einer neuen Heizung, bis dahin können alte Geräte ganz unabhängig von der Technologie weiterbetrieben werden.

      Wenn du auf unser früheres 100%-Biogas-Produkt abzielst, dass wir aktuell nicht mehr anbieten können: Das liegt leider daran, dass durch das Instrument der THG-Quote der Verkehrssektor fast alle Biomethan-Mengen mit unseren hohen Nachhaltigkeitsstandards aufgekauft hat und damit Produkte mit hohen Biomethan-Anteilen aktuell nicht mehr möglich bzw. nur zu sehr hohen Kosten realisierbar wären. Genauer haben wir das hier aufgeschlüsselt: https://blog.naturstrom.de/energiewende/biogas-knappheit/

      Oder wenn es dir um eine politische Bewertung geht: Natürlich finden wir richtig, fossile Energieträger auch im Wärmesektor endlich zurückzudrängen. Grüne Gase wie Biomethan oder Wasserstoff werden da sicher Teil der Lösung sein, aber eben viel weniger bzw. nur teurer verfügbar sein als das bisherige fossile Gas (bei welchem eben CO2-Schadenskosten nicht eingepreist waren und dass daher auch viel zu günstig war). Daher ist es natürlich konsequent, die Gasnutzung im Wärmebereich generell zurückzudrängen und vorrangig auf Technologien zu setzen, die besonders effizient und leicht klimaneutral zu betreiben sind – insbesondere sind das Wärmepumpen bzw. Wärmenetze, wobei eben das Gesetz auch eine Vielzahl anderer Erfüllungsoptionen vorsieht, je nach Situation. Und dass es für bereits verbaute Heizungen erstmal Bestandsschutz gibt, ist aus sozialen Erwägungen auch sehr nachvollziehbar, auch wenn 2045 als Zieljahr zur Klimaneutralität angesichts der auch von dir geschilderten langen Betriebsdauer von Heizungen gar nicht mehr so lang weg ist.
      Ich hoffe, das beantwortet deine Frage, ansonsten melde dich gerne noch einmal.
      Viele Grüße
      Sven von naturstrom

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