Reparieren gegen die Wegwerfkultur – Das Forchheimer Reparatur-Café

Wer kennt es nicht: Das Gerät ist eigentlich noch gar nicht so alt und schon wieder kaputt. Ohne das nötige technische Geschick ist reparieren oft kaum möglich oder sehr teuer. Die Geräte landen dann nicht selten im Müll und werden durch neue ersetzt. Dieser Wegwerfgesellschaft wollen engagierte naturstrom-Kolleg:innen und ihre Partner:innen bei Forchheim for Future entgegenwirken. Seit über acht Jahren findet daher viermal im Jahr das sogenannte Reparatur-Café statt, bei dem Bürger:innen defekte Geräte zur Reparatur abgeben können.

„Im perfekten Kapitalismus geht das Produkt einen Tag nach Ende der Garantiezeit kaputt.“ So düster, wie es Marc-Uwe Kling sein vorlautes Känguru sagen lässt, ist es zwar noch nicht, aber die Masse weggeworfener Geräte ist dennoch besorgniserregend. Knapp 20 Kilogramm Elektroschrott fallen in Deutschland pro Kopf und Jahr an. Ein wesentlicher Grund: Oft ist es günstiger, ein neues Gerät zu kaufen, als das alte zu reparieren. Das ist nicht nur alles andere als nachhaltig, sondern auch eine große finanzielle Belastung für Verbraucher:innen. Das „Recht auf Reparatur“, wie EU und Bund es planen, soll Industrie und Handel zwar zu mehr Ressourcenschutz verpflichten, doch noch lässt das neue Gesetz auf sich warten.

Für gemütliche Atmosphäre, Kaffee und Kuchen ist beim Reparatur-Café stets gesorgt. ©naturstrom

In der Zwischenzeit bleiben es engagierte Bürger:innen, die sich der Sache annehmen und einen Unterschied machen – so auch im oberfränkischen Forchheim. Alle drei Monate können sich Interessierte für das Reparatur-Café anmelden und ihre defekten Geräte zum Gebrauchtwarencenter Pack mer’s bringen, das seine Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. „Hier ist wirklich der perfekte Ort für das Café“, erklärt naturstrom-Mitorganisatorin Franziska Mehrbach.

„Die Besucherinnen und Besucher können es sich beim Warten auf den vielen Sofas bequem machen und bei Kaffee und Kuchen miteinander ins Gespräch kommen. Das Reparatur-Café wird so zu einem echten Begegnungsort für alle, die sich für Nachhaltigkeit interessieren.“

Ermöglicht wird das Café vor allem durch die vielen ehrenamtlichen Helfer, die sich für einen Nachmittag bereiterklären, anderen mit ihren Fähigkeiten zu helfen. Ob Handy, Drucker, Staubsauger, Fernseher oder ganzer Backofen – die handwerklich begabten Freiwilligen geben alles und versuchen durch Schrauben, Löten und Tüfteln die Geräte wieder funktionsfähig zu machen. In den meisten Fällen klappt das auch. Was trotz aller Anstrengungen nicht repariert werden kann, wird – soweit gewünscht – vom Pack mer´s fachgerecht entsorgt. Sowohl Reparaturen als auch Kaffee und Kuchen sind kostenlos. Wer sich dennoch erkenntlich zeigen will und kann, kann für das Pack mer’s und neues Reparaturwerkzeug spenden.

Für den nötigen gesellschaftlichen Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit braucht es noch mehr Initiativen wie in Forchheim. Das Netzwerk Reparatur-Initiativen unterstützt daher Interessierte beim Aufbau neuer Reparatur-Cafés in ganz Deutschland. Doch auch der Gesetzgeber ist in der Pflicht, endlich das „Recht auf Reparatur“ wirksam umzusetzen und die bessere Reparierbarkeit von Produkten zu gewährleisten, damit auch in Industrie und Handel ein Umdenken stattfindet und Reparieren das neue Normal wird.

Finn Rohrbeck
finn.rohrbeck@naturstrom.de

unterstützt seit Juni 2022 das Presseteam bei naturstrom. Zuvor arbeitete er im Veranstaltungsmanagement der Verbraucherzentrale NRW und beschäftigte sich dort mit den Themen Energie und Energieberatung.

1 Kommentar
  • Dieter Donner
    Gepostet um 10:44h, 14 Oktober Antworten

    Guten Tag, Reparatur-Initiativen gibt es in vielen Städten z.B. in Hilden und in Langenfeld im Süden des Kreis Mettmann. Außerdem ist das in „gewachsenen Siedlungsbereichen“ wie bei uns im Hildener Süden auch noch so, das auch noch „nachbarschaftliche Hilfe“ an der Tagesordnung ist. Hier spielt die übliche Baupolitik der Städte allerdings der guten nachbarschaftlichen Entwikclung einen Streich. Denn in den Bauverwaltungen werden gewwchsene Strukturen u.a. durch Einleitung von Bebauungsplänen nach den Interessen der Bauinvestoren gegen die Bestandsinteressen von Alteigentümern gefährdet. Das geht dann soweit, dass windige „Immobilienberater“ schon mal das Wort „Enteignung“ fallen lassen, um schon mal Ängste und Sorgen zu verbreiten.
    Vor allem geschieht in dicht besiedelten (Mittel-) Städten, wo noch „alte Gärten“ mit Stadt-Klimarelevanz weggebaggert werden sollen, um größere Wohneinheiten zu platzieren und für die reichere Klientel in geschützten Bereichen noch Einfanilien- oder Doppelhäuser anbieten zu können. An der stark befahrenen Straße oder Güterstrecken wird dann mit 20 bzw. 30 % sogennanten Sozialwohnungen oder „preigedämpften Wohnungen“ Stimmung gegen „renitente Alteigentümer“ gemacht. Das ist soziale Neubau-Politik im Jahr 2022. Und nach 15 bzw. 20 Jahren sind die Fördergelder dieser Sozial-Baupolitik in den Taschen von Bauinvestoren ( das heißt der Reichen in unserem Land oder auch zunehmend Auslandsreiche) verschwunden. Dann wird der Wegfall von Sozialwohnungen wieder beklagt!!!! Und der Verschwendungskreislauf setzt sich weiter fort mit Millionen von leerstehenden Spekulationswohnungen. Wie hat Heinrich Heine das besungen: Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den (Scholz etc-) Schlaf gebracht???

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