Stromverbrauch dimmen für die Energiewende – was hat es mit §14a EnWG auf sich?

Seit Jahresanfang 2024 gilt eine neue Festlegung der Bundesnetzagentur zum § 14a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Damit wird geregelt, in welchen Situationen Netzbetreiber den Strombezug steuerbarer Einrichtungen wie Wärmepumpen einschränken können und wie Verbraucher:innen dafür entschädigt werden. Moment, Strombezug einschränken, das gab es doch früher nicht?! Wir erklären, warum solche Netzeingriffe in Energiewende-Zeiten durchaus sinnvoll sind, wer davon überhaupt betroffen ist und welche Vorteile auch die einzelnen Haushalte durch die Regelung haben.

Warum sollen Netzbetreiber den Strombezug in manchen Situationen reduzieren dürfen?

Durch die Energiewende ist sehr viel mehr in den Verteilnetzen los. Während diese früher – wie der Name schon sagt – allein zum Verteilen des in Großkraftwerken erzeugten Stroms an die Haushalte bzw. Gewerbebetriebe genutzt wurden, kommen nun erstens auch noch viele Erzeuger, insbesondere Photovoltaikanlagen, auf dieser Netzebene dazu. Und zweitens steigt auch der Kapazitäts-Bedarf. Der Grund: Durch neue Sektorenkopplungstechnologien wie Elektroautos oder Wärmepumpen, die viel klimafreundlicher und effizienter als ihre Verbrennungs-Pendants sind, steigt der Strombedarf deutlich an. Dieser zusätzliche Bedarf wird zudem oft relativ gleichzeitig anfallen, da die Wärmepumpen eben in Kältephasen stärker laufen oder viele Menschen parallel abends Feierabend machen und dann ihre Elektroautos an die Wallboxen anschließen. Man könnte sagen, dass das Transportaufkommen insgesamt in den Verteilnetzen deutlich steigt, und dass es zudem besonders belastete Zeiten gibt, wie die Rush Hour bei unseren Verkehrsnetzen. Verteilnetze könnten daher künftig deutlich stärker be- und in Einzelfällen auch überlastet werden. Teilweise wurde daher solchen dringend benötigten Klimaschutztechnologien sogar schon der Anschluss verweigert.

Deswegen wurde mit dem Paragrafen 14a EnWG eine Regelung geschaffen, aufgrund welcher Netzbetreiber in gewissen Situationen den Strombezug solcher neuen Verbrauchsanlagen drosseln können. Quasi ein vorausschauendes Tempolimit im Stromnetz, um es nicht zum Stau kommen zu lassen – eine Maßnahme, die ja auch auf unseren Straßen durchaus Berechtigung hat. Eine genaue Festlegung, wie diese Drosselungen umgesetzt werden, sind seit diesem Jahr nun durch die Bundesnetzagentur in Kraft gesetzt. Wichtig zu wissen: Diese Leistungsdrosselung sind allein für die neuen und neu angeschlossenen Verbraucher möglich, der klassische Haushaltverbrauch ist nicht betroffen und kann quasi auf einer eigenen Spur weiter unbegrenzt vonstattengehen. Und auch die betroffenen Anlagen dürfen nicht komplett abgeschaltet werden, sondern erhalten immer eine Mindestleistung von wenigstens 4,2 kW. Auf der anderen Seite dürfen die Netzbetreiber nun auch keine Anschlüsse für PV-Anlagen, Wärmepumpen oder Wallboxen mehr verwehren, und die Haushalte können durch reduzierte Netzentgelte profitieren. Das beschleunigt insgesamt die Energiewende.

Übrigens ist das gar nicht so neu, schon bisher konnte der Strombezug bei Wärmepumpen und Nachtspeicherheizungen unterbrochen werden. Dann floss sogar für maximal dreimal am Tag für je höchstens zwei Stunden sogar gar kein Strom, im Gegenzug gab es vergünstigte Netzentgelte und damit Tarife – die jetzige Neuregelung ist damit für die betroffenen Verbraucher:innen also sogar eher eine Verbesserung.

14a EnWG: was, wann und wie lange gedimmt werden darf

Die Festlegung der Bundesnetzagentur zum gedimmten Strombezug gilt nur für steuerbare Verbraucher, die seit dem 1. Januar 2024 installiert wurden. Ältere, unterbrechbare Anlagen können aber freiwillig in diese Neuregelung wechseln und können dann auch von den Vorteilen (s.u.) profitieren. Konkret geht es allein um Wärmepumpen, Geräte zur Raumkühlung, private Wallboxen sowie Stromspeicher. Der Leistungsbezug dieser Geräte darf von Netzbetreibern bis auf einen Wert von 4,2 kW heruntergedimmt werden, wenn eine Überlastung des jeweiligen Verteilnetzstrangs droht. Sofern die betroffene Anlage besonders viel Leistung hat (über 11 kW, bspw. eine große Wärmepumpe in einem Quartier) oder eine Zusammenfassung mehrerer steuerbarer Verbrauchseinrichtungen ist (bspw. eine Vielzahl von Wallboxen in einer Tiefgarage), wird die verbleibende Mindestleistung zudem nach bestimmten Rechenverfahren noch weiter erhöht. Bei mehreren zusammengefassten steuerbaren Geräten braucht es zwingend ein Energie-Management-System (EMS), das die Leistungsverteilung der einzelnen Geräte steuert. Dies kann aber auch bei einem einzelnen Gerät in Verbindung mit einer PV-Anlage vorteilhaft sein. (s.u)

Wirklich gedimmt werden darf nur, wenn der Netzbetreiber durch die erwarteten Verbräuche im Netz Störungen erwartet und diesen mit den Leistungsdimmungen entgegenwirken kann. Die dazu notwendige Beurteilung muss auf Basis einer so genannten Netzzustandsermittlung erfolgen, für die es viele Sensoren und einen digitalen Überblick über die Stromflüsse im Netz braucht. Ein solcher Technikstand ist in vielen Verteilnetzen aber noch gar nicht erreicht, so dass erst einmal nur sehr wenige Netzbetreiber überhaupt zu dem Mittel der Leistungsdimmung greifen dürfen. Zwar gibt es eine Übergangsregelung, nach der aktuell schon präventiv auf Basis eigener Abschätzung und nicht anhand realer Daten eine Dimmung erfolgen darf. Diese Übergangsregelung gilt aber nach erstmaliger Nutzung nur für zwei Jahre, bis dann muss der Netzbetreiber sein Netz zur digitalen Erfassung ertüchtigt haben. Da aber nur wenige Netzbetreiber einer solch harten Frist entgegenlaufen wollen, wird diese Möglichkeit wohl auch nur bei sehr drängenden Engpässen genutzt werden. Kurz: In den nächsten Jahren wird es wohl nur an sehr wenigen Stellen tatsächlich zu einem Eingriff in den Leistungsbezug kommen.

Wenn doch, darf dieser Eingriff im Rahmen der Übergangsregelung nur maximal zwei Stunden am Tag dauern. Sobald der Netzbetreiber reguläre Leistungsdimmungen auf Basis einer Netzzustandsermittlung vornehmen kann, gibt die Dauer der real gemessenen Überlastung die zeitliche Frist vor, der Leistungsbezug kann dann also auch länger gedimmt werden. In aller Regel dauern solche Engpasssituationen aufgrund des sich über den Tag stark verändernden Stromverbrauchsverhaltens aber maximal wenige Stunden.

Welche Vorteile habe ich durch die Festlegung der Bundesnetzagentur zum § 14a EnWG?

Ob Wärmepumpe oder Wallbox, solche steuerbaren Einrichtungen müssen dank der Neuregelung nun unverzüglich von den Netzbetreibern angeschlossen werden und können nicht mehr mit Verweis auf Netzengpässe verweigert werden. Aber auch wenn die Anlage angeschlossen ist, profitieren die Haushalte durch verringerte Netzentgelte von den Neuregelungen. Dabei gibt es verschiedene Varianten:

Modul 1: Hierbei handelt es sich um eine pauschale Vergünstigung auf die Netzentgelte, die genaue Höhe hängt von den jeweiligen Netzengelten ab. Es gibt eine Basisvergünstigung von 80 € plus einen individuellen Aufschlag – in der Regel werden die Verbraucher:innen damit einen Abzug von rund 120 bis 200 Euro auf ihre jährliche Stromrechnung bekommen. Diese Variante ist das Standard-Modul und eignet sich besonders für Elektroauto-Haushalte, vor allem in Kombination mit dem kommenden Modul 3.

Modul 2: Diese Vergünstigungsart besteht als Alternative zum Standardfall Modul 1, hier wird statt einem pauschalen Abzug auf das jährliche Netzentgelt eine Vergünstigung je verbrauchter Kilowattstunde der steuerbaren Anlage gewährt. Konkret betragen die Netzentgelt-Arbeitspreise nurmehr 40 Prozent des sonst üblichen Entgelts – dies gilt aber nur für die tatsächlich von der steuerbaren Verbrauchseinrichtung verbrauchten Strommenge. Daher braucht es zwingend einen separaten Zähler für diese Anlage, für den aber kein zusätzlicher Grundpreis erhoben werden darf. Diese Rabattierung eignet sich in der Regel besser für Wärmepumpen, die ohnehin oft separat gemessen werden und die in der Regel vergleichsweise hohe Verbräuche haben.
Falls Modul 2 statt Modul 1 als Vergünstigung gewählt werden soll, muss man dies dem Netzbetreiber und/oder dem Stromlieferanten explizit mitteilen.

Modul 3: Diese (zusätzliche) Vergünstigung kann erst ab 1. April 2025 genutzt werden, kommt nur in Verbindung mit Modul 1 zum Tragen und muss explizit angewählt werden. Bei Modul 3 geht es um zeitvariable Netzentgelte: Die Netzbetreiber müssen bis zum Jahreswechsel 2024/25 für mindestens zwei Quartale des Jahres je drei Zeitfenster ausweisen, in denen die Netzentgelte für teilnehmende steuerbare Verbrauchseinrichtungen unterschiedlich hoch sind. Also etwa im Winter zu Feierabendbeginn aufgrund der dann hohen Belastung sehr hoch, nachts besonders niedrig und am Vormittag auf normaler Höhe. So haben Haushalte einen Anreiz, ihren Verbrauch – bspw. das Elektroauto-Laden – in günstigere Zeitfenster zu verschieben und damit das Netz zu entlasten.

Wie erhalte ich die Vergünstigungen aus der Festlegung zu 14a EnWG?

Die nun von der Bundesnetzagentur festgelegten Vergünstigungen zu §14a EnWG werden ganz einfach über die Stromrechnung abgewickelt, Verbraucher:innen erhalten diese automatisch und müssen nichts dafür tun. Lediglich die ohnehin verpflichtende Anmeldung der Anlage beim Netzbetreiber muss passieren und ggf. eine Wahl des Vergünstigungsmoduls (ohne Wahl wird immer die pauschale Vergünstigung aus Modul 1 gewährt). Die Vergünstigung wird dann nach Anmeldung gewährt, ganz unabhängig davon, ob die Netzbetreiber diese tatsächlich schon fernsteuern können – dies zu gewährleisten, ist Aufgabe der Netzbetreiber.

Da die Festlegung erst kurz vor Jahresende 2023 beschlossen wurde, ist die gesamte Energiebranche noch damit beschäftigt, die neuen Regeln in ihren Systemen umzusetzen. Das gilt auch für naturstrom. Die reduzierten Netzentgelte werden daher noch nicht beim Abschluss neuer Stromverträge angezeigt und auch in den aktuellen Abrechnungen noch nicht direkt dargestellt. Natürlich bekommen die Kund:innen die günstigeren Konditionen in den Abrechnungen trotzdem durchgereicht, für eine Übergangsphase aber als Gutschrift auf der Rechnung und nicht direkt als günstigere Strompreise.

Grundsätzliche Voraussetzung ist das Vorhandensein eines Smart Meters, der aber bei neuen steuerbaren Verbrauchseinrichtungen ohnehin als Regelfall mit eingebaut wird.

Kann ich auch mit älteren steuerbaren Geräten die Vergünstigungen bekommen?

Ja, es ist möglich, auch mit vor 2024 installierten Geräten, die bislang bspw. als unterbrechbare Verbraucher geführt wurden, in dieses neue Regime zu wechseln und dann die gleichen Vergünstigungen zu bekommen. Dazu muss aber ggf. noch ein Smart Meter und/oder eine Steuerbox bzw. ein Rundsteuerempfänger installiert werden, damit der Netzbetreiber auf die Geräte zugreifen und diese eben im Fall der Fälle auch dimmen kann. Dieser Schritt ist nicht umkehrbar – einmal neue Regeln, immer neue Regeln. Für ein Nutzung dieses neuen Regimes sollte der jeweilige Netzbetreiber kontaktiert werden.

Ich habe neben einem steuerbaren Gerät auch eine Solaranlage, hat das Auswirkungen auf die Verbrauchsdimmung?

Haushalte, die neben einem steuerbaren Gerät auch über eine Photovoltaikanlage verfügen, haben tatsächlich einen gewissen Vorteil – wenn sie über ein Energie-Management-System (EMS) verfügen, welches die PV-Anlage und das bzw. die dimmbaren Gerät(e) koppelt.  Das EMS kann dann nämlich in eventuellen Engpasssituationen die Leistungsdimmung des Verbrauchers aussteuern, so dass die vom Netz bezogene Leistung für das entsprechende Gerät zwar nur 4,2 kW beträgt (bei mehreren Geräten entsprechend mehr, in jedem Fall ergänzend zum sonstigen Haushaltsverbrauch). Gleichzeitig kann aber die aktuelle Einspeisung der PV-Anlage zusätzlich dem steuerbaren Gerät zugewiesen werden. Die tatsächlich nutzbare Leistung wird so größer, ohne dass sich an dem begrenzten Leistungsbezug aus dem Netz etwas ändert.

Allerdings können mit der Installation eines steuerbaren Geräts nach § 14a EnWG auch neue Anforderungen auf Haushalte mit Solaranlagen zu kommen. Gemäß aktuellem EEG muss die PV-Einspeisung in solchen Haushalten dann auch fernsteuerbar sein – und das gilt auch für Bestandsanlagen. Gerade ältere PV-Anlagen und vor allem deren Wechselrichter sind dafür jedoch nicht ausgelegt. Im Worst Case drohen teure Modernisierungsmaßnahmen. Ein Verbändebündnis u.a. mit dem von naturstrom unterstützten BSW-Solar setzt sich daher dafür ein, bereits installierte sowie besonders kleine Anlagen unter 7 kWp von dieser Vorgabe auszunehmen. In der aktuellen Gesetzeslage sollten Solarhaushalte vor der Installation einer Wallbox oder einer Wärmepumpe mögliche resultierende Anforderungen mit dem Netzbetreiber und/oder dem Installationsbetrieb abklären.

Ist auch eine Kaskadenschaltung von Wärmepumpe und Solaranlage mit dem Paragrafen 14a EnWG möglich?

Teilweise war im Zuge der Festlegung der neuen Regeln zu lesen, dass mit der in 14a EnWG verankerten Vorgabe zur Dimmung steuerbarer Verbraucher keine Kaskadenschaltung für eine Wärmepumpe zur besseren Nutzung von eigenproduziertem Solarstrom mehr möglich wäre. Das stimmt nicht!

Eine Kaskadenschaltung ist wie eh und je machbar, muss aber wie auch schon zuvor immer mit dem lokalen Netzbetreiber abgestimmt werden. Neue steuerbare Anlagen werden dabei ohnehin mit Smart Meter und ggf. Steuerbox ausgerüstet, bei bestehenden Anlagen erfordert dies allerdings eventuelle Nachrüstungen.

Sven Kirrmann
sven.kirrmann@naturstrom.de

Unterstützt seit Juli 2019 von Berlin aus die naturstrom-Pressearbeit. Schon lange Jahre überzeugter Energiewender, auch beruflich. Unter anderem zuvor bei der Agentur für Erneuerbare Energien mit Kommunikation zu einer nachhaltigen Energieversorgung beschäftigt.

5 Kommentare
  • Alexander Schremmer
    Gepostet um 23:08h, 19 Mai Antworten

    Seit dem Jahresbeginn 2023 ist es nicht mehr nötig, PV-Anlagen bis 7 kWp einer Steuerbarkeit zu unterwerfen (siehe § 100 Abs. 3a EEG 2023). Somit sind diese von der Pflicht zur Nachrüstung ausgenommen. IMS-Pflichten etc. bleiben hiervon natürlich unberührt.

    • Sven Kirrmann
      Gepostet um 16:59h, 21 Mai

      Das stimmt leider nicht ganz. § 100 Abs. 3a EEG regelt nur die Pflicht zur Fernsteuerbarkeit, sofern noch kein Smart Meter eingebaut ist – explizit steht ja da, dass Abs. 3 davon unberührt bleibt. Und in diesem Abs. 3 bzw. vor allem über den §9 Abs. 1 EEG wird eben gefordert, dass PV-Anlagen in Haushalten mit steuerbaren Verbrauchern und iMSys fernsteuerbar sein müssen – das gilt leider auch für Anlagen unter 7 KW und Bestandsanlagen.
      Viele Grüße
      Sven von naturstrom

  • Alexander Schremmer
    Gepostet um 12:05h, 22 Mai Antworten

    Ah, in der Tat, vielen Dank für die Korrektur!

  • Udo Hoffmann
    Gepostet um 22:11h, 22 Juni Antworten

    welche 2 Quartale sind denn im Modul3 zu erwarten? Quartal 1 und 4 ist super, 2 und 3 natürlich nicht.

    • Sven Kirrmann
      Gepostet um 11:33h, 24 Juni

      Hallo Udo,
      das ist leider nicht festgelegt und bleibt jedem Netzbetreiber selbst überlassen. Dass es mindestens zwei Quartale im Jahr mit verschiedenen Netzentgelt-Zeitfenstern sein müssen, ist die Grundvorgabe der BNetzA. Welche Quartale gewählt werden und ob nicht sogar unterschiedliche Zeitfenster über alle vier Quartale definiert werden, können die Netzbetreiber entscheiden.
      Und ja, zumindest für PV-Besitzer bzw. Wärmepumpen-Haushalte ist das Winterhalbjahr natürlich attraktiver. Wenn man keine eigene PV hat und trotzdem einen anderen steuerbaren Verbraucher, bspw. eine Wallbox in der Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses, können aber auch durchaus die Sommerquartale sehr reizvoll werden.
      Viele Grüße
      Sven von naturstrom

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