Solaranlage, Speicher, Wallbox – die schöne neue Energiewelt, sie ist bislang hauptsächlich für Einfamilienhausbesitzer Wirklichkeit. Mieter:innen schauen allzu oft in die Röhre. Das soll und muss sich ändern. Daher untersuchen wir gemeinsam mit Partnern im Forschungsprojekt MELANI, wie Bewohner:innen von Mehrparteienhäusern einen gemeinsamen Batteriespeicher möglichst effizient nutzen und Speicherkapazitäten untereinander handeln können.MELANI steht für „Mehrfach genutzte Energiespeicher im MehrfamiLienhAus Nachhaltig Integrieren“. . Nicht in einem Labor , sondern im Stadtteil Gellershagen in Form von vier Mehrparteienhäusern. Das Neubauquartier ist kurz vor der Fertigstellung, die ersten Mieter:innen konnten bereits einziehen. 48 Wohneinheiten stehen hier künftig zur Verfügung.
Solar und Speicher optimieren
Gemeinsam mit Elektrotechniker Gordon Grundorf stapft Melanie Kühl über das Gelände, vorbei an Baumaschinen und Pfützen. Sie kümmert sich bei naturstrom um die projektbegleitende Kommunikation. Während es rund um die Häuser noch nach Baustelle aussieht, glitzern auf den Dächern bereits Photovoltaikanlagen mit insgesamt 94 Kilowatt installierter Leistung. Die Ausrichtung der Module hälftig nach Osten und Westen sorgt für eine möglichst bedarfsgerechte Stromproduktion. Außerdem verfügen die Häuser über zwei Batteriespeicher mit einer Kapazität von je 67 Kilowattstunden. Je zwei Häuser nutzen gemeinsam einen Batteriespeicher. „In zwei Häusern steht den Bewohner:innen ein speziell für MELANI entwickeltes Webportal zur Verfügung, die anderen beiden Häuser fungieren als Vergleichsgruppe“, erklärt Melanie Kühl.
Webportal ermöglicht Handel
Konkret heißt das: In den beiden „MELANI-Häusern“ können die Bewohner:innen über das Webportal jederzeit einsehen, ob sie gerade Strom direkt aus der Photovoltaikanlage, dem Batteriespeicher oder dem öffentlichen Netz beziehen. Die drei Stromqualitäten haben unterschiedliche Preise, wobei der Strom aus der Solaranlage und aus dem Speicher natürlich deutlich günstiger ist als der Netzstrom.Das Webportal versetzt die Bewohner:innen also in die Lage, bevorzugt dann Strom zu verbrauchen, wenn er günstig und umweltfreundlich „direkt vom Dach“ kommt. Zusätzlich ermöglicht es ihnen, den eigenen Anteil an der Photovoltaikanlage sowie am Batteriespeicher gegen eine Leihgebühr zeitweise an Mitbewohner:innen abzutreten. „Durch den hausinternen Handel mit ihren Anteilen an Solaranlage und Speicher sowie die Verlagerung des eigenen Verbrauchs in günstigere Zeiten können die teilnehmenden Haushalte ihren individuellen Solaranteil an dem von uns gelieferten Mieterstromtarif erhöhen und somit ihre Stromkosten senken“, resümiert Melanie Kühl.Im Keller inspiziert sie mit Gordon Grundorf den modular aufgebauten Batteriespeicher. Ein solcher steht nicht nur den beiden „MELANI-Häusern“ zur Verfügung, sondern natürlich auch den Vergleichsgebäuden. Schließlich lassen sich nur bei weitgehender technischer Identität Aussagen darüber treffen, wie sich die Möglichkeit zur aktiven Nutzung von Photovoltaikanlage und Speicher auf das Verbrauchsverhalten auswirkt. Den Vergleichsgebäuden steht nicht die Möglichkeit zum internen Handel zur Verfügung, außerdem sind die unterschiedlichen Stromqualitäten nicht separat bepreist. Die Bewohner:innen erhalten einen einheitlichen Mieterstromtarif und können nur durch Stromeinsparungen ihre Kosten senken. Die Photovoltaikanlage und der Speicher werden zentral gesteuert.
Ein Jahr im Feld
Nun startet erst einmal die Feldphase. Für die ist ein Jahr vorgesehen, danach werden die Konzepte unter Berücksichtigung der Ergebnisse angepasst. Mit im Boot sind bei dem Projekt das Unternehmen SMA, ein weltweit führender Spezialist für Photovoltaik-Systemtechnik, die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) und das elenia Institut für Hochspannungstechnik und Energiesysteme der TU Braunschweig. Gemeinsam mit naturstrom haben sie seit 2021 Konzepte, Verfahren und Geschäftsmodelle entwickelt, die rund um die Frage kreisen, wie die Energiedatenerfassung bei gemeinsam genutzten Speichern optimiert werden kann.Schließlich müssen die aus dem Speicher, der Photovoltaikanlage und aus dem Netz bezogenen Mengen jederzeit exakt zugeordnet, abgerechnet und Marktpartnern zur Verfügung gestellt werden können. „Je höher der Anteil der Erneuerbaren im Stromsystem, desto wichtiger werden digitale Lösungen, die Erzeugung und Verbrauch zu optimieren helfen“, ist sich Melanie Kühl sicher. Und MELANI soll hierzu einen Beitrag leisten.