Immer schön flexibel bleiben: Energiespeicher der Zukunft

Das ist ein bemerkenswerter Rekord: Über die Hälfte des erzeugten Stroms in Deutschland haben 2020 die Erneuerbaren Energien geliefert. So weit, so phänomenal. Doch wie machen wir diesen Strom speicherbar, wenn die Sonne mal nicht scheint und der Wind nicht weht? In unserem Blogbeitrag erklären wir euch drei Speicher für die Energiewende und stellen außerdem das Projekt MELANI vor, das sich rund um die Nutzung von Speichern in Mehrfamilienhäusern dreht.

Wollen wir den bedrohlichen globalen Temperaturanstieg aufhalten, müssen wir unser Energiesystem grundlegend auf emissionsarme Technologien umstellen. Der Energiebedarf ist seit mehreren Jahren gleichbleibend: Der Bedarf an elektrischer Energie lag im Jahr 2019 in Deutschland bei ca. 560 Terrawattstunden (TWh) (inklusive industrieller Eigenerzeugung). So bald wie möglich sollen 100 Prozent unseres Energiebedarfs mithilfe von Wind, Sonne, Bioenergie, Geothermie und Wasserkraft gedeckt werden. Je weiter wir dabei kommen, desto größer wird der Anteil volatiler, also unstetiger Energiequellen wie Wind- und Solarenergie an der Gesamtstromerzeugung. Dementsprechend steigt auch die Bedeutung von Speichern zur Netzstabilisierung und lokalen Netzentlastung.

Eine Berechnung des Solarenergie Fördervereins zeigt, dass es beim Ausbau gerade der Wind- und Solarenergie noch großes Potenzial gibt: Bei einer Verfünffachung von Wind und Photovoltaik gegenüber heute wird an ca. 6.000 Stunden im Jahr der elektrische Bedarf vollständig ohne den Einsatz von zusätzlichen Speichern direkt durch die regenerative Erzeugung gedeckt. 87 Prozent der elektrischen Lastenergie können also direkt durch Wind- und Solarenergie ohne Zwischenspeicherung gedeckt werden. Der Rest muss mit Speichern ausgeglichen werden – hierfür eignen sich beispielsweise Gaskraftwerke. Wir können des Weiteren auf zahlreiche Technologien zurückgreifen: Es gibt mechanische Speicher (z.B. Pumpspeicher), elektrische, elektrochemische (Batterien), chemische (z. B. Wasserstoff) und thermische Speicher.

Wir zeigen euch, wie vielfältig die Welt der Energiespeicher ist und stellen euch im Folgenden drei Technologien kurz und knapp vor.

Pumpspeicherkraftwerke

Pumpspeicherkraftwerke gibt es bereits seit vielen Jahren. Die erste deutsche Anlage nach dem Pumpspeicher-Prinzip war von 1863 bis 1911 in Betrieb, moderne Kraftwerke wurden dann vermehrt ab den 1920er Jahren gebaut. Die Technik ist simpel: Es gibt zwei Speicherbecken, eines unten am Berg, eines oben. Die beiden sind am Hang oder über Tunnel mit Rohren verbunden, hier kann das Wasser durchfließen. Wenn einmal mehr Strom produziert als verbraucht wird, wird das Wasser über elektrische Pumpen ins obere Becken gepumpt. Wird Strom benötigt, wird das Wasser abgelassen und treibt eine Turbine an, die wiederum einen Generator zur Stromerzeugung antreibt.

Vorteil: Pumpspeicherkraftwerke weisen hohe Wirkungsgrade von 80 Prozent auf. Das heißt, dass ein hoher Anteil der zugeführten Energie in die gewünschte Energieform umgewandelt werden kann. Außerdem ist die Technik ausgereift und lange erprobt.
Nachteil: Die Potenziale zum Ausbau in Deutschland sind begrenzt, da der Bau der Kraftwerke einen erheblichen Eingriff in die Natur bedeutet und die Anlagen außerdem viel Platz benötigen.
Fazit: Die bereits existierenden Anlagen können gut ergänzend genutzt werden. Es braucht jedoch noch weitere Lösungen für die Energiespeicherung.

Power-to-Gas

So funktioniert Power-to-Gas: Mit überschüssigem Ökostrom wird Wasser (H2O) mittels Elektrolyse in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) aufgespalten. Der Wasserstoff kann entweder direkt ins Erdgasnetz eingespeist werden – nach den aktuellen Vorgaben darf die Beimischung bis zu zehn Prozent betragen – oder er wird zu synthetischem Gas weiterverarbeitet, das unbegrenzt beigemischt werden kann. Hierzu wird der regenerativ gewonnene Wasserstoff (H2) mit Kohlendioxid (CO2) mittels Methanisierung zu erneuerbarem Methan (CH4) konvertiert. Als Beiprodukt entsteht H2O – Wasser.

Vorteil: Die Gasinfrastruktur von 500.000 km (mit 130 TWh Speicherkapazität) existiert bereits, über 40 Gasspeicher haben gemeinsam eine Kapazität von 230 TWh. Zum Vergleich: Pumpspeicherwerke in Deutschland bieten 0.04 TWh Speicherkapazität.
Nachteil: Durch den Energieverlust (Wärme geht verloren) über mehrere Schritte (Elektrolyse, Methanisierung und Rückverstromung) haben PtG-Anlagen einen niedrigen Wirkungsgrad. Ohne Nutzung der im Prozess entstehenden Wärme ist letztlich nur ein Drittel der eingesetzten Energie verfügbar.
Fazit: Die Technologie ist vielversprechend. Durch beispielsweise Abwärmenutzung bei Elektrolyse und Methanisierung kann man Wirkungsgrade von mehr als 80 Prozent erreichen.

Batteriespeicher

Die derzeit gängigsten Batterien sind Lithium-Ionen-Speicher – die dürfte so gut wie jede und jeder bereits in der Hand gehalten haben – die Akkus sind nämlich in fast allen Handys und Laptops enthalten. Aber auch in E-Bikes und Elektroautos werden sie verbaut – und sie dienen außerdem als Speicher für Solarstrom!
In einer Lithium-Ionen-Batterie befinden sich viele kleine Batteriezellen, die aus zwei leitfähigen Schichten aus Aluminium bzw. Kupfer bestehen. Dazwischen befinden sich die beiden Elektroden, die Kathode (Pluspol aus Lithium-Metalloxid) und Anode (Minuspol aus Graphit). Die Ladungsträger in der Batterie sind Lithium-Ionen, die sich zwischen Kathode und Anode in einer Elektrolyt-Flüssigkeit hin und her bewegen. Beim Laden wird von außen Spannung an die Batterie gelegt, wodurch in der Anode ein Überschuss an negativ geladenen Elektronen entsteht. Der Kathode wiederum werden Elektronen entzogen, und die positiv geladenen Lithium-Ionen wandern daher von der Kathode in die Anode. Die Batterie ist geladen, wenn sie sich dort wieder mit einem überschüssigen Elektron verbinden und sich als neutrales Teilchen in das Graphit einlagern. Benutzt man den Akku (und entlädt ihn so), läuft dieser Vorgang rückwärts ab: Die Lithium-Ionen wandern durch die Elektrolyt-Flüssigkeit zurück zur Kathode und die gespeicherte Energie wird wieder frei.
Lokale Batteriespeicher haben aufgrund ihrer Flexibilität das Potenzial, maßgeblich zum Gelingen der Energiewende beizutragen. Sie eignen sich vor allem für Situationen, in denen häufig auf kleine Mengen Strom im Speicher zurückgegriffen werden – also zum Beispiel im eigenen Zuhause.

Vorteil: Es werden weniger Stromleitungen gebraucht. Der Strom wird vor Ort genutzt und belastet die Netze nicht. Batteriespeicher stellen außerdem ein großes Potenzial für die Elektromobilität dar.
Nachteil: Batteriespeicher sind noch recht kostspielig und verlieren aufgrund des häufigen Be- und Entladens stetig an Speicherkapazität.
Fazit: Batteriespeicher gewinnen besonders an Bedeutung für die dezentrale Energiewende, zum Beispiel über eigene Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach im Eigenheim und bei Mieterstrom.

Dezentrale Stromversorgung – dezentrale Speicherung?

Und genau hier setzt das Projekt MELANI an. Über die Hälfte aller Deutschen wohnt zur Miete. Doch wegen mangelnder Messtechnik und regulatorischer und energiewirtschaftlicher Rahmenbedingungen können die Bewohner für den individuellen Verbrauch aktuell weder wohnungs- noch hauseigene Speichersysteme nutzen.

MELANI: Speicher für alle nutzbar machen

Das neu gestartete Forschungsprojekt MELANI untersucht, wie sich mehrere Wohnparteien eine Photovoltaikanlage und einen Stromspeicher teilen können. Die Messtechnik, ein dezentrales Energiemanagement und Abrechnungsprozesse stehen dabei im Fokus.
Aktuell stehen dem Einsatz von Speichern in Mehrfamilienhäusern mehrere Hürden entgegen. Um die aus dem Weg zu räumen, haben sich NATURSTROM, die SMA Solar Technology AG, die Physikalisch-Technischen Bundesanstalt und das Institut für Hochspannungstechnik und elektrische Energieanlagen der TU Braunschweig zusammengetan. Ihr auf drei Jahre angelegtes Projekt MELANI wird vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert. Seitens der Wohnungswirtschaft unterstützen die Verbände GdW und VDIV sowie das kommunale Immobilienunternehmen Gewobag aus Berlin das Forschungsvorhaben.

Zu knacken ist eine harte Nuss, denn beim Zugriff mehrerer Wohnparteien auf ein und denselben Stromspeicher muss stets exakt bestimmt und abgerechnet werden können, welche Strommengen durch welche Wohnpartei aus der häuslichen Stromerzeugungsanlage, dem Speicher oder aus dem öffentlichen Netz bezogen wurden. Diese Daten müssen eichrechtskonform erhoben werden und den relevanten Marktpartnern im Strommarkt zur Verfügung stehen: dem lokalen Stromnetzbetreiber, dem Stromanbieter, der den lokal erzeugten Strom, den gespeicherten Strom sowie Reststrommengen aus dem öffentlichen Netz für die Wohnparteien zur Verfügung stellt – und womöglich auch weiteren Stromanbietern, schließlich müssen die Wohnparteien ihren Energieversorger nach wie vor frei wählen dürfen. Die nötige Messtechnik zu entwickeln, eichrechtskonform auszugestalten und die Messwerte rechtssicher abzurechnen ist Kern des Projektes MELANI.

Gemeinsam die dezentrale und digitalisierte Energiewende gestalten

Insbesondere bei den im Geschosswohnungsbau typischen Jahresverbrauchswerten von 1,5 bis 2,5 MWh müssen Lösungen gefunden werden, die eine Teilnahme der Wohnungsnutzer wirtschaftlich attraktiv macht – das heißt konkret, dass die Stromerzeugung und -Speicherung günstig bleibt.

Bisher ungenutzte ökologische, wirtschaftliche und netztechnische Potentiale in Innenstädten ließen sich auf diese Weise erschließen. Mehr dazu erfahrt ihr auf der Projekthomepage: https://projekt-melani.de/.

Joanna Albrecht
joanna.albrecht@naturstrom.de

unterstützte das PR-Team von naturstrom bis Dezember 2021, jongliert aber schon etwas länger beruflich mit Energiethemen. Ihr Herz schlägt Grün (und für Tiere). Sie mag Waldspaziergänge, Gärtnern und den Teamsport Ultimate Frisbee.

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