Mobilität: Was hat 2020 für den Klimaschutz im Verkehr gebracht?

Hand aufs Herz: Dieses Jahr hatten wir uns alle anders vorgestellt. In Sachen klimafreundlicher Mobilität hätte 2020 das Jahr werden können, das die Weichen neu stellt – vor allem, nachdem die Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase in diesem Sektor zuletzt weiter leicht angestiegen waren.

Weg vom Individualverkehr hin zum ÖPNV, statt Besitz sollte Mobilität immer mehr geteilt werden. Und wenn’s schon das Auto sein muss, dann doch bitte mit klimafreundlichem Antrieb!

2020 hätte einen echten Paradigmenwechsel einleiten können. Ende 2019 war der Blick aufs neue Jahr noch vielversprechend: verringerte Emissionshöchstwerte für Autohersteller, eine verbesserte Straßenverkehrsordnung (StVO) und die neue Lust am (Nacht-)Zugfahren. Wir werfen einen Blick auf die Pläne für und Erwartungen an die letzten zwölf Monate – und halten fest, was daraus geworden ist.

Elektromobilität

Ab diesem Jahr werden Elektroautos in der EU erstmals in die Berechnung der CO2-Bilanz aller Neuwagenflotten einbezogen und zählen als neu zugelassene Fahrzeuge sogar doppelt. Ziel ist es, so die Flottenemissionen der Autohersteller auf 95 Gramm CO2 pro Kilometer zu senken, was einem durchschnittlichen Verbrauch von 3,6 Litern Diesel beziehungsweise 4,1 Litern Benzin entspricht. Um das zu erreichen, sollte der Verkauf von Elektroautos 2020 mächtig angekurbelt werden, damit sich die vollelektrischen sowie die Plug-in-Hybrid-Modelle auch verkaufen.

Im Rahmen der Hilfsmaßnahmen für die Wirtschaft durch Corona stieg die Förderung eines Elektroautos sogar auf insgesamt 9.000 Euro. Und auch die Mehrwertsteuersenkung trage laut Politik zu einem Angebot bei, das man nur schwer ablehnen könne.

Elektroauto tankt an Ladesäule

Um das Gesamtpaket Elektromobilität vollumfänglich zu fördern, hat die Bundesregierung neben diesen Kaufanreizen auch finanzielle Mittel für den Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie eine Steigerung der öffentlichen Beschaffung von Elektrofahrzeugen sowie steuerliche Vorteile beschlossen. Und das mit Erfolg: Allein im August 2020 wurden über 16.000 rein elektrische Autos neu zugelassen, dreimal so viele wie im Vorjahresmonat.

„Das sind allerdings immer noch nicht einmal zehn Prozent der gesamten Neuzulassungen – vom Bestand der Fahrzeuge auf den Straßen ganz zu schweigen“, weiß Ernst Raupach, Leiter für Mobilitätslösungen bei NATURSTROM.

„Der exponentielle Trend ist also – wie schon in den vergangenen Jahren – erfreulich, und wir dürfen zuversichtlich sein, dass in 25 Jahren Fahrzeuge, die Erdöl verbrennen, Exoten sein werden. Aber das ist zu langsam, und vermutlich reicht das nicht. Die grundlegenden ökologischen Probleme des Transportsektors wurden auch 2020 nicht mit der nötigen Intensität angepackt – weder in Deutschland noch weltweit: Nach wie vor nutzt der Transportsektor größtenteils Erdöl als Primärenergieträger. Auch insgesamt basiert die Energieversorgung überwiegend auf Kohle, Erdöl und Erdgas. Es ist also schlicht nicht genügend saubere Primärenergie verfügbar, um den Transportsektor klimaneutral zu versorgen. (Ob man dafür dann Wasserstoff, Akkus oder synthetische Öle nutzt, ist ziemlich unerheblich.) Und: Nach wie vor spielen mit PKW im Personen- und LKW im Güterverkehr Verkehrsmittel die dominierende Rolle, die insgesamt – bei der Herstellung, im Betrieb und für die Infrastruktur –  die zweitschlechteste Umweltbilanz (hinter Flugzeugen) haben. Kleinere Fahrzeuge und Sharing-Konzepte könnten hier Entlastung bringen.“

Dementsprechend nüchtern fällt Ernsts Bilanz aus: „Das Jahr 2020 schließt aus der Vogelperspektive also recht nahtlos an die Vorjahre an: Die Geschwindigkeit der Mobilitätswende ist nach wie vor viel zu langsam. Genauer gesagt hat sie – auch dieses Jahr – noch gar nicht begonnen: Die Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors haben sich in Deutschland, im Gegensatz zu allen anderen Sektoren, seit 1990 nicht verringert. Immerhin wurden 2020 aber einige weitere Vorbereitungen dafür getroffen.“

Natürlich ist Elektromobilität nur dann rundum klimafreundlich, wenn E-Fahrzeuge mit echtem Ökostrom geladen werden – zum Beispiel mit naturstrom emobil. Besonders sicher und bequem lädt der sich zu Hause mit einem Modell unserer naturstrom wallboxen.

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Wasserstoff als Treibstoff

Aber nicht nur Elektromobilität verspricht, die motorgetriebenen Verkehrsmittel nachhaltig zu transformieren. Auch Wasserstoff als neue Ersatzdroge der bisher ölabhängigen Autoindustrie sorgt für Klimaschutz-Hoffnung. Und so schauten Anfang des Jahres alle Verkehrsinteressierten nach Berlin, wo das Bundeswirtschaftsministerium die 38 Maßnahmen umfassende Nationale Wasserstoffstrategie vorstellte.

Diese sieht vor, Wasserstofftechnologien als Kernelemente der Energiewende zu etablieren, um so die Emissionen von Produktionsprozessen zu senken. Damit das funktioniert, muss der Wasserstoff grün sein, also aus Ökostrom gewonnen werden.

Mit rund 46 Prozent haben die Erneuerbaren Energien dieses Jahr einen so großen Anteil am verbrauchten Strom gehabt wie nie zuvor – dennoch sind 46 eben keine 100 Prozent. Gleichzeitig führt nachhaltige Mobilität zu einem Anstieg des Strombedarfs, schließlich gehen bei der Herstellung von grünem Wasserstoff  knapp 30 Prozent der eingesetzten Energie verloren. Sein Einsatz lohnt sich daher vor allem dort, wo E-Fahrzeuge als Alternative zum Verbrennungsmotor ungeeignet sind, also in der Schifffahrt oder beim Flugverkehr.

„Grüner Wasserstoff wird ein wichtiger Teil der Energie- und Verkehrswende. Bevor wir uns in Zukunftsvisionen verlieren, sollten wir aber erst einmal die heute vorhandenen Technologien nutzen. Pedelecs, E-Scooter, elektrisch unterstütze Lastenräder und E-Fahrzeuge vom Zweisitzer bis zum Transporter gibt es und können im hier und heute Emissionen reduzieren. Dabei ist die Nutzung nicht nur viel effizienter als wasserstoffbetriebene Konzepte, sondern macht auch noch Spaß und ist günstig. Für Wasserstoff und andere synthetische Kraftstoffe bleiben im Güter- und Flugverkehr ausreichend Anwendungsmöglichkeiten“, meint Sven Kirrmann, der bei NATURSTROM die politischen Entwicklungen beobachtet und sich schon lange mit alternativer Mobilität auseinandersetzt.

Radverkehr

Das Debakel mit der PKW-Maut, der Fehlstart der Autobahn GmbH und nicht zuletzt die vergeigte Novelle der Straßenverkehrsordnung: Puh, das Verkehrsministerium hat sich 2020 nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Besonders um letztere trauern Radfahrer*innen besonders, hatte die Reform doch viele Verbesserungen für den Alltag versprochen. Und auch Lastenräder sowie Carsharing sollten von neuen Verkehrszeichen und eigens ausgezeichneten Parkplätzen profitieren. Ist damit das Fahrradjahr 2020 bereits gelaufen? Nicht ganz.

Ja, Corona ist großer Mist. Ja, wir alle hätten lieber auf eine weltweite Pandemie verzichtet. Aber Corona hat uns auch gezeigt: Der Radverkehr ist eine schon heute absolut brauchbare Alternative zum bisherigen autozentrierten Verkehr, denn er vereint Ökologie mit Gesundheit – und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Denn: Wer an der frischen Luft statt zusammengepfercht im ÖPNV unterwegs ist, reduziert die Ansteckungsgefahr erheblich.

Corona hat der Fahrradbranche einen ordentlichen Schubs gegeben. Fahrradhändler kamen aufgrund der hohen Nachfrage zeitweise kaum nach. Auch Anbieter von Leihrädern melden Rekordzahlen – darunter auch Donk-EE, unser E-Lastenrad-Verleihsystem in Köln. „Wir freuen uns, Kölner Betriebe dabei zu unterstützen, ihr Tagesgeschäft auch während der Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen weiterzuführen“, verriet Oliver Hummel, NATURSTROM-Vorstand und Geschäftsführer der Betreibergesellschaft Green Moves GmbH im Frühjahr während des ersten Lockdowns.

Michael Ross, Inhaber Buchhandlung Baskerville in Köln-Sülz, setzt während Corona auf Donk-EE. © NATURSTROM

Und auch die Kommunen haben mit Pop-up-Radwegen sehr reaktionsschnell dazu beigetragen, Fahrradfahren noch attraktiver zu machen. Diese neuen Infrastrukturen sollten jetzt verstetigt werden, um auch dauerhaft den Verkehr in Richtung dieser für Mensch und Umwelt gesünderen Option zu verlagern.

„Es ist ein gutes Zeichen, dass mittlerweile an manchen Stellen eine Ampelphase nicht mehr ausreicht damit alle Radfahrer*innen die Kreuzung passieren können. Dies zeigt welche Rolle das Fahrrad im Alltag einnehmen kann, macht aber auch deutlich, dass die Infrastruktur nun schnell weiter ausgebaut werden muss, um den Trend zur umweltverträglichen Mobilität nicht auszubremsen“, findet Patrick Schnepper, Werkstattleiter bei Donk-EE.

Feststeht: 2020 war ein besonderes Jahr, das die Prognosen so einiger Expert*innen ordentlich durcheinandergebracht hat. Viele Hoffnungen wurden wieder einmal nicht erfüllt, dafür brachte aber die Pandemie einige unerwartete und positive Mobilitätsentwicklungen.

Wir bleiben optimistisch und hoffen für das neue Jahrzehnt auf viele weitere positive Entwicklungen für die Verkehrswende.

Dominique Czech
dominique.czech@naturstrom.de

ist seit April 2018 dabei und schreibt für naturstrom über alles rund um die Energiewende. Jenseits des Büros bewegen sie die Themen Ernährung, Konsum und Mobilität – aber bitte in nachhaltig.

1 Kommentar
  • Marcus Steiniger
    Gepostet um 12:38h, 28 Dezember Antworten

    Vielen Dank für diesen Beitrag Frau Czech!
    Und dennoch vermisse ich, wie so oft beim Thema Mobilität, abfallstämmiges CNG als nahezu klimaneutralen und sofort verfügbaren Treibstoff. Die Fa. Verbiogas macht vor, wie es gehen kann.
    Mehrere Studien zeigen, dass E-Mobiliät nicht die einzige Säule der Mobilität sein wird und kann, sondern dass neue Konzepte her müssen, wie Sie es ja auch beschreiben. Abfallstämmiges CNGab der 2.Generation kann da eine weitere Säule neben Ökostrom sein, die immer wieder gerne vergessen wird.

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