Genau zehn Jahre nach der Inbetriebnahme des ersten Bauabschnitts im September 2014 haben sich die Projektbeteiligten wieder an „ihrem“ Solarpark in Uttenreuth getroffen. Bei einem Jubiläumsfest im September feierten die Mitglieder der beteiligten Genossenschaften den runden Geburtstag und zeigten interessierten Anwohnerinnen und Anwohnern das einzigartige Gelände.
Es sind mehrere Faktoren, die das Projekt in Mittelfranken (an der Grenze zu Oberfranken) zu einem Highlight machen. Reste von Bunkeranlagen zeugen von der ehemaligen militärischen Nutzung. Damit hier überhaupt erst ein Solarpark entstehen konnte, der mittlerweile eine Leistung von knapp 7,3 Megawatt peak Leistung erbringt, mussten viele Köpfe zusammengesteckt werden. Eine wichtige Rolle spielten dabei drei regionale Bürgerenergie-Genossenschaften – und tun es immer noch.
Am Tag des Jubiläumsfests erzählen Gäste immer wieder, wie sie sich noch daran erinnern können, dass sich hier mitten im Wald jahrzehntlang eine militärische Sperrfläche befand. Auch Karl Köhler, der 30 Jahre lang Uttenreuther Bürgermeister war, erinnert die Gäste an die Geschichte des Geländes: Nach der Nutzung durch die Wehrmacht ging das ca. 14 Hektar große Areal an die US-Armee über, die dort während des Kalten Krieges Waffen für den Ernstfall einlagerte. Diese kamen glücklicherweise nie zum Einsatz, die Fläche lag danach seit den 90er Jahren brach.
Die Gemeinde suchte anschließend nach einer Möglichkeit der friedlichen Nachnutzung. Doch das ungewöhnliche Baugrundstück stellte die Planung vor einige Herausforderungen. Das gemeindefreie Gebiet im Besitz der Bayerischen Staatsforsten musste zunächst eingemeindet werden, um einen Bebauungsplan erstellen zu können. Auch die Lage im Wasserschutzgebiet erforderte besondere Maßnahmen: So mussten beispielsweise alle Stützen der Solarmodule einzeln einbetoniert werden, um jeglichen Zinkeintrag in die Erde zu vermeiden – ein enormer Aufwand.
Nach einer mehrjährigen Planungsphase in Zusammenarbeit mit der Gemeinde und den Erlanger Stadtwerken konnten 2014 endlich die ersten Module installiert werden, und zwar ganze 11.592 Stück. 2019 und 2020 wurde die Anlage in zwei weiteren Bauabschnitten durch weitere 12.108 Solarpaneele ergänzt.
Die mehr als 50 Bunker wurden vor der Bauphase mit geeignetem Erdmaterial aufgefüllt, manche Zugänge liegen als Relikt noch offen und konnten bei der öffentlichen Führung bestaunt werden.
Energiewende in der Hand von über 500 Bürger:innen
Neben dem Standort ist auch das Betreiberkonstrukt außergewöhnlich: neben der von naturstrom gestellten Betreibergesellschaft NaturEnergy Oberfranken GmbH & Co. KG gehört der Solarpark zu großen Teilen den Mitgliedern dreier Bürgerenergie-Genossenschaften. Von Anfang an planten die EWERG eG aus dem Landkreis Erlangen-Höchstadt, die Bürger-für-Bürger-Energie eG aus dem Landkreis Forchheim und KEG-Die KlimaschützerInnen eG aus den Reihen von naturstrom-Mitarbeitenden mit an dem Projekt.
Die Erträge aus dem Betrieb der Anlage kommen so jährlich den über 500 Mitgliedern der drei Genossenschaften zugute. Auf der 10-Jahres-Feier betonen alle drei Vorstände, dass sich die Gemeinschaftsinvestition gelohnt hat und die grüne Rendite seither weiteren Energiewende-Projekten dient. Auch der aktuelle Bürgermeister Frederic Ruth freut sich, dass neben der Gemeinde, die fortlaufend die Gewerbesteuer erhält, so viele Menschen aus der Region von der Anlage profitieren. In einem zweijährigen Forschungsprojekt der Agentur für Erneuerbare Energien gaben von 120 befragten Uttenreuther:innen 75 % an, stolz zu sein, mit der lokalen EE-Anlage einen Beitrag zur Energiewende zu leisten.
Auch die Bundestagsabgeordnete Lisa Badum (Grüne), die beim der Einweihung des Parks 2015 noch für naturstrom arbeitete, nahm an den Jubiliäumsfeierlichkeiten teil. Sie zeigte sich optimistisch zur Lage der Energiewende in Deutschland: Nicht nur sei der Ausstieg aus der Atomkraft vollbracht – wie am beginnenden Rückbau und den Sprengungen alter Kühltürme zu sehen – sondern es entstünden bundesweit auch immer mehr klimafreundliche Kraftwerke wie Solar- und Windparks, die die neue Energiewelt prägen.
Heidelerche, Frosch und Reh – Altlasten ade
Durch die Verfüllung der ehemaligen Bunkeranlagen entstand eine Landschaft mit sanften Hügeln, die sich nun wie eine Lichtung inmitten des Buckenhofer Forsts erstreckt. Wenn man sich auf dem Gelände zwischen Akazienbäumen und Hecken bewegt, hat man kaum das Gefühl, sich auf einer für die militärische Nutzung gerodeten Fläche zu befinden – es sein denn, man erspäht Teile der zugeschütteten Lüftungsschächte oder ähnlichen Relikten.
Um die naturnahe Grünpflege auf dem riesigen Areal kümmern sich Angestellte des Maschinenring Franken. Leider dürfen aufgrund der speziellen Lage im Wasserschutzgebiet keine Schafe zwischen den Modulen weiden. Die Büsche und Gräser müssen daher maschinell gemäht werden, um eine Verschattung der Module zu verhindern.
Dafür fühlen sich einige Wildtiere umso wohler auf der Anlage inmitten des Buckenhofer Forsts – besonders die Heidelerche.
Die Ansiedlung dreier Brutpaare im anliegenden Vogelschutzgebiet verhinderte 2011 eine geplante Umgehungsstraße. Dass im Schutzgebiet aber nur wenige Jahre später eine technische Anlage wie eine Freiflächen-Photovoltaikanlage genehmigt wurde, stimmte manche Gemeinderäte damals ungehalten. Heute seien aber alle froh, dass das Vorhaben umgesetzt wurde, berichtet der damalige Bürgermeister Karl Köhler. Auch wenn der Trubel um die Heidelerche vor über zehn Jahren beinahe zu einem vorzeitigen Aus des Solarprojekts geführt hätte. Bei einer von naturstrom in Auftrag gegebenen ornithologischen Untersuchung im Jahr 2016 wurden auf dem Projektgelände mindestens vier Reviere mit Heidelerchen-Brutpaaren gesichtet. Eine erfreuliche Entwicklung, die zeigt, dass die Tiere auch nach dem Bau einer solchen Anlage weiter ihre Brutplätze nutzen.
Auch Eulen, Spechte und 14 heimische Fledermausarten leben in der Waldgegend. Dass Fledermäuse Solarparks in Waldnähe besonders wegen des Insektenreichtums gerne aufsuchen, konnte ein lokales Forschungsprojekt des Bund Naturschutz im letzten Jahr belegen. An den zwischen den Anlagenteilen befindlichen Tümpeln wurde beispielsweise bereits der Flussregenpfeifer (eine Vogelart der Roten Liste) beobachtet.
Beim Jubiläumsfest im September 2024 sprangen doch glatt ein paar Rehe während der Führung an den Gästen vorbei. Auch Libellen und Frösche wurden gesichtet. Fast als wollten sie demonstrieren, wie wohl sie sich in „ihrem“ Solarpark fühlen.
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ist seit 2020 bei naturstrom und unterstützt das Team „Bürgerenergie & projektbegleitende Kommunikation“ seit 2022.