Welchen Einfluss das Wetter auf den Strommarkt hat

Wenn auf Sturm und Hagel Sonne folgen ist – meistens – April. Der Wechsel von kalter zu warmer Witterung kann einige von uns ganz schön durcheinander wirbeln. Wie ist das eigentlich für ein System, das nicht nur mit dem Wetter tangiert, sondern von Sonne und Wind abhängig ist? Hier im Blog werfen wir einen Blick auf die Wechselwirkungen von Wetter, Energieerzeugung und -belieferung.

Bis 2038 steigt Deutschland aus der Kohle aus. Ende 2020 ist in dem Zuge der erste Block eines Braunkohlekraftwerks vom Netz gegangen, weitere sieben folgen bis Ende 2022. Schon heute decken Erneuerbare Energien rund 50 Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland. Der Kraftwerkspark in Deutschland wird damit also immer mehr durch Sonnen- und Windenergie sowie Wasserkraft geprägt, auch wenn der Ausstieg aus der fossilen Stromerzeugung weiterhin viel zu langsam geht. Die regenerativen Energieträger stehen in einer Wechselbeziehung mit der Natur: Photovoltaikanlagen benötigen zur Stromproduktion ausreichend Sonnenlicht, Windräder genügend Wind. Das Wetter gehört hier als Variable dazu – einfach als ein Faktor, den es zu berücksichtigen gilt. Bei der Energieerzeugung ebenso wie bei der Energiebelieferung.

In der Regel lassen sich die witterungsbedingten Schwankungen dabei gut einplanen. So haben beispielsweise in unseren Breitengraden die Jahreszeiten einen größeren Einfluss auf die einzelnen Bereiche als tägliche Wetterschwankungen. Durch die immer präziser werdenden Wettervorhersagen lassen sich diese zudem in der Regel gut prognostizieren und managen.

Welche Rolle das Wetter in der Energieerzeugung spielt

Darüber hinaus sorgen Marktmechanismen wie der Einspeisevorgang der Erneuerbaren Energien und die sogenannte Merit Order dafür, dass Kraftwerksbetreiber aktiv werden: Ist es besonders sonnig und windig, wird mehr PV- und Windstrom ins Netz eingespeist, das Angebot steigt und die kurzfristigen Preise an der Strombörse sinken. Kraftwerksbetreiber können Gaskraftwerke jetzt herunterfahren oder vom Netz nehmen – und sie wieder hochfahren, wenn Flaute ist. Die Preisentwicklung an der Strombörse setzt hier den ökonomischen Anreiz, während so viel erzeugte Erneuerbare Energie wie möglich genutzt werden kann. Allerdings sind viele alte Großkraftwerke noch zu unflexibel für diese sich wandelnde Energiewelt, sie können aus technischen oder auch aus ökonomischen Gründen nicht schnell genug an die sich wetterbedingt verändernde Situation angepasst werden. Gerade alte Kohle- und Atomkraftwerke können beispielsweise gar nicht einfach mal so auf null heruntergefahren werden, diese produzieren daher einfach weiter, selbst wenn der Strompreis sehr gering oder sogar negativ ist und verzerren so den Markt. Auch daher wäre ein beschleunigter Kohleausstieg zu begrüßen.

Prinzipiell ist der Großhandelspreis für Strom aber ein ganz gutes Leitinstrument für den Kraftwerkseinsatz. Und wenn das nicht reicht? Wenn beispielsweise auf einen tagelangen Sturm plötzlich Flaute herrscht? Meist wiegen sich ändernde Wetterlagen überregional auf, denn wenn im Norden kein Wind weht, gibt es oft im Süden Sonne und umgekehrt. Über das Stromnetz kann das System so ausgeglichen werden. Die Netzbetreiber haben entsprechend einen guten Überblick über Erzeugung und Verbrauch sowie über sämtliche Daten. So können sie auch die mit der Witterung fluktuierenden Leistungen der Wind- und Solarparks berücksichtigen.

Dunkelflauten – wie realistisch sie sind und wie wir reagieren können

In manchen Regionen hinkt der Netzausbau allerdings der Energiewende hinterher. In besonders ertragreichen Zeiten kann es dort deshalb dazu kommen, dass die verfügbare Netzkapazität nicht ausreicht. Damit die Verteil- und Übertragungsnetze nicht überlastet werden und kein Engpass entsteht, werden die Netzbetreiber aktiv. Als Ultima Ratio gilt hier das Einspeisemanagement: An stürmischen Tagen in Küstennähe lassen sie ggf. Windkraftanlagen aus dem Wind drehen, sprich Anlagen abregeln.

Damit das Einspeisemanagement die Ausnahme bleibt ist der Netzausbau so wichtig, ebenso wie genügend Speicherkapazitäten. Das gilt übrigens auch für den Umgang mit dem Risiko von Dunkelflauten.

Mit diesem Begriff wird ein Wetterzustand bezeichnet, bei dem in ganz Europa bei bewölktem Himmel wochenlang kein Wind wehen würde. Gerade in den Wintermonaten kann es theoretisch vorkommen, dass bis zu zwei Wochen lang Flaute herrscht und an den kurzen, grauen Tagen nur wenig Solarstrom erzeugt werden kann. Das könnte für ein stärker regenerativ geprägtes Energieversorgungssystem zum Problem werden, sofern genügend Speichermöglichkeiten fehlen. Das Szenario ist allerdings sehr selten. Es wird häufig von Energiewende-Kritikern zur Abschreckung verwendet, um die Stellung der fossilen Energieträger zu zementieren. Volker Quaschning, Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, betitelt es sogar als Unwort. Die Kapazitäten im deutschen Kraftwerksmarkt sind aktuell bei Weitem ausreichend – und das auch dann, sollte eine Dunkelflaute auftreten.

Für den Klimaschutz ist es unvermeidlich, Kohlekraftwerke weiter abzuschalten und gleichzeitig neue regenerative Kraftwerke zu bauen. Um auch solche seltenen Extremereignisse abzudecken, sind darüber hinaus Reservekraftwerke wichtig – diese können die Netzbetreiber schnell dazu- oder auch wieder abschalten lassen. Aktuell sind das häufig Gaskraftwerke, da sie sich sehr flexibel betreiben lassen und darüber hinaus emissionsärmer sind als Kohlekraftwerke. Mittel- bis langfristig lassen sich diese Reserve-Gaskraftwerke aber auch 100 % erneuerbar betreiben, entweder mit Wasserstoff oder mit synthetischem Methan aus Ökostrom. Wichtig ist, neben den Reservekraftwerken auch Speicherlösungen ebenso mitzudenken wie den Netzausbau – der durchaus auch dezentral erfolgen kann. In einem passenden Gesamtsystem ist eine Dunkelflaute also auch für eine stärker wetterabhängige Energieversorgung kein Problem. Und übrigens haben auch konventionelle Kraftwerke des Öfteren mit Wettereinflüssen zu kämpfen, man denke beispielsweise an Leistungsdrosselungen durch zu warmes Flusswasser, Probleme mit Kohlelieferungen durch niedrige Flusspegelstände, Abschaltung bei Hochwasserereignissen, regelmäßige Überlastungen französischer Atomkraftwerke im Winter oder eingefrorene Gasleitungen und deren Folgen auf den texanischen Energiemarkt dieses Jahr.

Ohne weitere Kraftwerke geht es allerdings keinesfalls – aber eben: Öko-Kraftwerke. Um unseren Anteil der Erneuerbaren Energien im Strommix weiter zu steigern, auf 100 Prozent, für alle, braucht es weitere Öko-Kraftwerke. Das größte Mengenpotential haben dabei Sonne- und Windkraft – die Windenergie ist schon heute die wichtigste Energiequelle im deutschen Strommix.

Übrigens: Es gibt ein eigenes Forschungsfeld, das sich mit der Rolle des Klimas für die Energieversorgung beschäftigt, die Energiemeteorologie.

Wie NATURSTROM das Wetter mitdenkt

Das Mitdenken des Wetters wird auch für NATURSTROM immer wichtiger, denn wir beliefern unsere Ökostrom-Kund*innen direkt mit Energie aus ausgeförderten Windrädern und neu errichteten Solarparks. Mit Lieferverträgen in Höhe von insgesamt mehr als 250 MW Wind- und Solarleistung gehört NATURSTROM zu den Vorreitern bei der Integration fluktuierender Erneuerbarer Energien in die Endkundenversorgung. „Der Mix unterschiedlicher Erzeugungsprofile und Vertragslaufzeiten von weniger als einem bis zu mehr als zehn Jahren machen den Umstieg auf einen hohen Wind- und Solaranteil prozessual anspruchsvoll“, erklärt NATURSTROM-Vorstand Oliver Hummel die besonders nachhaltige, aber auch herausfordernde Strombeschaffung beim Deutschlands größtem unabhängigen Ökostromunternehmen. „Kurzfristig werden daher nur sehr wenige andere Anbieter diesen Weg gehen können und wollen. Wir gehen ihn gleichwohl gerne, denn auf diese Weise tragen wir ein Stück Energiewende zu sehr vielen Menschen. Ihr Ökostromprodukt bildet mehr und mehr die Realität der regenerativen Stromerzeugung in Deutschland ab.“

Die ausgeförderten Windräder und neuen Solarparks in NATURSTROM-Diensten werden 2021 voraussichtlich rund 345 Mio. Kilowattstunden erzeugen.

Insgesamt hat das Wetter für die Energiebelieferung von NATURSTROM also einen wachsenden Einfluss, der sich für uns und damit auch für unsere Kundinnen und Kunden gut managen lässt. Gesichert ist die Energiebelieferung immer, ob nun bei Sonne, Wind oder einer nächtlichen Flaute.

„Das Wetter ändert sich täglich, stündlich, ja sogar minütlich – und das je nach Ort. Allein in Deutschland sehen wir unterschiedliche Witterungsverhältnisse zu ein- und demselben Zeitpunkt. Im Durchschnitt gleicht sich das meistens wieder aus und wir sehen ehrlich gesagt kaum Auswirkungen auf das Verbrauchsverhalten im Bundesdurchschnitt“, sagt Iris aus dem Energiehandel von NATURSTROM. Sie beschäftigt sich seit fast zehn Jahren mit der Beschaffungsseite ebenso wie dem Verbrauchsverhalten unserer Kund*innen.

Um den voraussichtlichen Verbrauch eines Haushalts vorherzusagen verwenden Energieversorger ein sogenanntes Standardlastprofil. Das durchschnittliche Verhalten der Verbraucher*innen fließt in dieses Profil ebenso mit ein wie die Jahreszeiten.

„Im Winter sehen wir natürlich im Wärmebereich einen deutlich höheren Verbrauch als im Sommer. Der Stromverbrauch hängt weniger damit zusammen, wie warm oder kalt es draußen ist“, weiß Iris. Bei der Beschaffung der Energiemengen für die Belieferung der Kund*innen mit nachhaltigem naturstrom und naturstrom biogas arbeitet NATURSTROM deshalb mit einer ebenso langfristigen angelegten wie flexibel anpassbaren Strategie.

Preisrechner für Privatkundinnen und -kunden


Ein weiteres Plus: Mit jeder Kilowattstunde naturstrom, mit der wir unsere Kundinnen und Kunden beliefern fließt ein Cent in den Bau neuer Öko-Kraftwerke. Jetzt wechseln.

Finja Seroka
seroka@naturstrom.de

arbeitete bis 2021 bei NATURSTROM. Begeistert sich beruflich und auch privat für nachhaltige Themen. Zuvor hat sie u. a. als Journalistin für Handelsblatt Online und die Funke Mediengruppe gearbeitet.

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