Mit Klicks und Codes die Welt retten – ein bisschen, mindestens

Mal Fluch und mal Segen: Daten haben einen immer größeren Einfluss auf unser Leben. Sie haben viel mit uns persönlich zu tun. Doch wie sieht es aus, wenn es um das große Ganze geht, zum Beispiel um Umweltschutz? Wir stellen euch in dieser Blogserie Klimaschutz-Bereiche vor, bei denen Daten eine entscheidende Rolle spielen. Für Teil 1 haben wir mit Oliver Liermann gesprochen, dem Web-Entwickler eines gemeinnützigen Öko-Wechsel-Services.

Seit fast zwei Jahren gibt es in Olivers Liermanns Leben einen kleinen Menschen. Einen Menschen, der später auch alle Möglichkeiten haben soll. „Seit der Geburt unseres Sohnes ist Klimaschutz für mich das übergeordnete Thema“, erzählt Oliver, der aus diesem Grund das gemeinnützige Tarifvergleichsportal Switch for Climate gegründet hat. Mit der Website Switch-for-climate.de will er den Wechsel zu sauberem Ökostrom für jede:n so einfach wie möglich machen. Bei der Tarifsuche gibt deshalb ein eigens entwickelter Klima-Score Auskunft über den Umweltnutzen der einzelnen Tarife und der Vertrag lässt sich ganz einfach direkt über die Website abschließen. „Der Wechsel zu sauberem Ökostrom ist der kleinste Schritt, den jeder Haushalt machen kann“, meint Oliver. Gemeinsam mit seiner Frau ist er diesen Schritt 2012 gegangen.

„Intelligente Systeme können uns ermöglichen, ressourcenschonend zu agieren.“ Oliver Liermann © Switch for Climate

Hinter dem 34-jährigen Web-Entwickler sind die ersten künstlerischen Versuche seines Sohnes zu erkennen, die Wand des Arbeitszimmers ist mit Buntstift-Strichen verziert. Ausnahmsweise hat er keinen virtuellen Hintergrund für unser Videotelefonat eingestellt. Hier sind die Codes für Switch for Climate entstanden – und damit auch das Back- sowie Frontend für die Web-Umsetzung der neuen For-Future-Kampagne. Das Gerüst für die Website hat Oliver für wirklich-grün damit ebenso entwickelt wie das für User:innen sichtbare Design. Der gemeinnützige Öko-Wechsel-Service wirklich-gruen.de folgt der Logik von Switch for Climate und wird von großen Teilen der For-Future-Bewegung unterstützt.

Was Legosteine und Programmcodes verbindet

Oliver hat schon immer gerne selbst Sachen erschaffen: Als Kind waren es Welten aus Legobausteinen. Als Schüler versüßte er der gesamten Klasse den Informatik-Unterricht, indem bei seinem Nachbarn plötzlich Bilder und Nachrichten den gesamten Bildschirm füllten. Das notwendige Programm dafür hatte er sich selbst ausgedacht und in der Pause auf den PC aufgespielt. Zuhause versuchte er, Spiele umzuprogrammieren. Ein paar Jahre später wurde aus Spaß Ernst: Nach der Schule folgte die Ausbildung zum Fachinformatiker; die Webentwicklung brachte er sich selbst bei. „Ich mag es, in einem gewissen Rahmen neue Sachen zu kombinieren, eigene Services zu entwickeln,“ erzählt Oliver. Seine Fähigkeiten setzte er für verschiedene Unternehmen ein, bevor er sich selbstständig machte.

Nachdem das Start-up, für das Oliver als Web-Entwickler gearbeitet hatte, Insolvenz anmelden musste, wollte Oliver seine Zeit in etwas Sinnvolles investieren. „Ich habe zu der Zeit im Netz ‚What Can a Technologist Do About Climate Change?‘ gelesen und mich dabei gefragt, was ich tun kann.“ Die For-Future-Bewegung holte die Klimaschutz-Debatte auf die Straße und Oliver begann, eine neue Website zu entwickeln. „Klimaschutz ist nach wie vor ein komplexes, schwieriges Thema. Reduktion ist eben nicht sexy“, sagt der 34-Jährige, „es braucht noch mehr Menschen, die das Thema gut vermitteln, verkaufen können.“ Und an ITler:innen, an denen mangele es auch.

IT als Werkzeug für mehr Umweltschutz

Technologie sei ein wichtiger Baustein, um sich mehr um den Klimaschutz kümmern zu können. Ein Allheilmittel ist es sicher nicht. Es ist Werkzeug und Weg. „Allein ein Blick auf den Energiemarkt zeigt: Damit die Strombörse funktioniert, braucht es eine Menge Technologie“, sagt Oliver. Er ist überzeugt: „Intelligente Systeme können uns ermöglichen, ressourcenschonend zu agieren. Auf einer globalen Ebene.“ In seiner Freizeit ist er trotzdem nicht mit seinem Computer verheiratet. Das Foodsharing-Engagement seiner Frau hat ihn angesteckt und er spielt leidenschaftlich gerne Crossminton.

Was er jungen Menschen raten würde, die vor der Studienwahl stehen und sich für den Klimaschutz einsetzen wollen? „ITler:innen und Marketing-Manager:innen sind in der Klimaschutz-Bewegung beide noch unterrepräsentiert. Beides, denke ich, muss einem aber liegen.“ Egal welchen Studiengang man wähle, engagieren könne sich jede:r – und sollte es auch: „Der Klimaschutz braucht noch einige Menschen mehr.“ Seinen Sohn Erik will Oliver bald mit zu seiner ersten Demo nehmen. Vielleicht schon zum nächsten globalen Klimastreik.

Finja Seroka
seroka@naturstrom.de

arbeitete bis 2021 bei NATURSTROM. Begeistert sich beruflich und auch privat für nachhaltige Themen. Zuvor hat sie u. a. als Journalistin für Handelsblatt Online und die Funke Mediengruppe gearbeitet.

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