Solar-Watcher: Die BEG-58 und ihr neuer „Mitarbeiter”

Innovationen gehören zur DNA der Bürgerenergie. Mit der Anwendung neuer Ideen, Prozesse und Partnerschaften bringen die Bürgerenergie-Akteur:innen oft das Unmögliche zustande: Trotz vieler Hindernisse setzen sie konsequent, Hand in Hand mit den Bürger:innen vor Ort, technisch innovative, klimaschonende und nachhaltige Projekte um.

In unserer neuen Blogreihe „Innovationen der Bürgerenergie“ stellen wir euch die Projekte vor, die soziale und digitale Innovationen erfolgreich umgesetzt haben. Dieses Mal den Solar-Watcher von der BEG-58.

Die BEG-58 und ihr Solar-Watcher

Die BEG-58 aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis und Hagen im Ruhrgebiet ist seit 2010 eine eingetragene Bürgerenergiegenossenschaft. Mittlerweile hat sie 550 Mitglieder, die sich mit 1,5 Mio. € an der Genossenschaft beteiligt haben. Ergänzt mit Darlehen in Höhe von rund 4,1 Mio. € haben sie bisher 132 regionale Solarstromanlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 4 Megawatt Peak (mWp) gebaut.

„Der Betrieb all dieser Anlagen benötigt selten den Eingriff eines Technikers“, erläutert der Vorsitzende der Genossenschaft, Rolf Weber. „Trotzdem müssen neben einem Totalausfall auch Teilausfälle einzelner Komponenten wie Wechselrichter oder Strings rechtzeitig erkannt werden. Zu spät erkannte Ausfälle führen zu finanziellen Verlusten und könnten die Genossenschaft in eine finanzielle Schieflage führen. Wenn beispielsweise eine große bereits 2011 gebaute Anlage komplett ausfallen würde und wir es nicht bemerken, würden uns rund 20.000 € fehlen.“

Um die Überwachung der Anlagen zu erleichtern, hat sich die Genossenschaft einen neuen „Mitarbeiter“ geschaffen – oder genauer gesagt von einem Mitglied der Genossenschaft unentgeltlich in einem Zeitraum von einem halben Jahr programmieren lassen. Das Ergebnis ist der Solar-Watcher. Der Solar-Watcher ist sorgfältig und arbeitet gerne mit Tabellen. Mithilfe der ihm zur Verfügung gestellten Daten vergleicht er die Produktionsdaten aller Anlagen, analysiert sie und kennzeichnet eine kritische Situation farblich, falls er eine Auffälligkeit feststellt. Er überwacht also alle Anlagen gleichzeitig und sorgt dafür, dass Störungen frühzeitig erkannt werden.

Eine Software, die Anlagen und Klima rettet

„Die Software ist in der Lage, ein Dutzend verschiedene Situationen beginnend beim Fehlen der Produktionsdaten, Null-Werten, prozentualen Abweichungen oberhalb eines festgelegten Schwellwerts oder in Einzelfällen mit einem Vergleichswert des Vorjahres zu unterscheiden. Der tägliche Aufwand zur Überwachung der Anlagen liegt damit in einem Bereich von 5 bis 10 Minuten“, erklärt Weber.

Der Ausfall eines Wechselrichters ist direkt zu erkennen. Auch die Ausfälle einzelner Strings wurden in der Vergangenheit erkannt und konnten so kurzfristig behoben werden. Isolationsfehler, die den Ausfall der ganzen Anlage oder nur eines Strings verursachten, sind ebenfalls durch die historische Führung der Daten zu jeder Anlage gut erkennbar.

Der Watcher ist auch technisch nicht sehr anspruchsvoll. Nahezu jeder Webhoster mit PHP, MySQL Datenbank-Unterstützung und JAVA kann als Plattform genutzt werden. Der Zugriff auf den Solar-Watcher ist mit Web-Browsern vom Handy, Tablet oder Desktop-PC möglich. Als turnusmäßige Eingabe benötigt der Solar-Watcher nur die Produktionsdaten der Datenlogger oder Einspeisezähler des Vortages, die über eine anpassbare Schnittstelle per E-Mail von den Netzbetreibern geliefert werden.

Und hier kommt die Hauptmotivation der Genossenschaft, der Klimaschutz, zum Tragen: Vielfach werden für die Überwachung der Anlagen zusätzliche Geräte eingesetzt, die zu doppelten Funktionen in den Kellern der Häuser mit Solaranlagen führen. Grund: Diese Geräte müssen ihre Daten an eine zentrale Sammelstelle melden. Da dies per Internet in beispielsweise Wohnhäusern nur schwer umsetzbar ist, funken diese Geräte ihre Daten. Und dies machen auch die Einspeisezähler der Solarstromanlagen, die den Netzbetreibern genau die Informationen mitteilen, die der Solar-Watcher benötigt. Von daher spart die Nutzung der Netzbetreiberdaten das zusätzliche Gerät im Keller. Dies ist gelebte Energieeinsparung bei Herstellung und Betrieb der zusätzlichen Überwachsungsgeräte.

Als wäre das nicht innovativ genug, steht der Solar-Watcher anderen Betreibern als Open-Source-Projekt zur Verfügung. So möchte die Genossenschaft „einen Beitrag zu einer klima- und kostengünstigen Solarstromanlagen-Überwachung leisten“.

„Am Beispiel des Solar-Watchers wird auch das am Gemeinwohl orientierte Wirtschaften unserer BEGs deutlich – stets verbunden mit der Einladung an unsere Mitglieder zum Mit-Machen, denn gemeinsam geht es noch besser“, so Beate Petersen, BEG-58-Aufsichtsrats-Vorsitzende und Sprecherin im Rat für BürgerEnergie des bundesweiten BBEn | Bündnis BürgerEnergie e.V., dessen Mit-Initiatorin und Gründungsmitglied auch die NATURSTROM AG ist.

Technologische und soziale Innovationen komplementär gedacht

In der Diskussion über Innovationen im Energiebereich wird momentan sehr hektisch nach Wegen gesucht, die nachhaltigen Veränderungen wirksam und schnell umzusetzen. Dabei wird aber häufig übersehen, dass Innovation nicht nur aus Technologie besteht. Bei der Entwicklung des Solar-Watchers hat die BEG-58 auf die klassische Bürgerenergie-Art das gesellschaftliche Bedürfnis (in diesem Fall Energieeinsparung) in den Vordergrund gestellt und erst dann die technologische Lösung entwickelt. So machen die Bürgerenergie-Akteur:innen das Unmögliche weiterhin möglich. Auch wenn es momentan nicht einfach ist, bringen sie die digitale Energiewende ein Stück voran.

Solltet ihr weitere Fragen zum Thema Solar-Watcher haben, könnt ihr euch per E-Mail (info[at]beate-petersen.de) gerne an Beate Petersen, Sprecherin im Rat für Bürgerenergie des bundesweiten BBEn,  wenden.

Die Reihe „Innovationen der Bürgerenergie“ entsteht in Kooperation mit dem Bündnis Bürgerenergie e.V.

Urszula Papajak

engagiert sich bei NATURSTROM in der Abteilung „Bürgerenergie & Projektbegleitung“ für die bürgernahe dezentrale Energiewende.

naturstrom Team
onlinemarketing@naturstrom.de

Unter diesem Profil schreiben NATURSTROM-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, die nicht zu den regelmäßigen Blog-Autoren gehören.

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