Aus Alt mach Neu – wie Repowering zur Energiewende beiträgt

08.04.2025

 – Finn Rohrbeck

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Hindernisse für neue Solar- und Windparks gibt es in Hülle und Fülle, neue Flächen aber leider nicht. Doch damit Deutschland seine Klimaziele erreicht, muss das Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren – gerade bei Windenergie – noch  gesteigert werden. Eine aussichtslose Zwickmühle? Ganz im Gegenteil! Das Zauberwort lautet „Repowering“ – was das ist und welche Vorteile es bietet, erfahrt ihr hier.

Was ist „Repowering“?

Der englische Begriff Repowering bedeutet so viel wie „Kraftwerkserneuerung“ – alte Windenergie- oder Solaranlagen werden hierbei durch neuere, leistungsfähigere Modelle ersetzt. Bei solchen Anlagen geht man in der Regel von einer Lebensdauer von ca. 25 Jahren aus. Aufgrund der rasanten technologischen Entwicklung kann es sich mittlerweile aber bereits vor Ablauf der technischen Lebensdauer rechnen, alte Anlagen zu ersetzen. Denkt zum Vergleich nur mal an die Rechenleistung eures ersten Computers – und eures aktuellen Smartphones!

Bei den Erneuerbaren Energien ist das ganz ähnlich – gerade bei der Windkraft ist die technische Entwicklung bemerkenswert: Moderne Windräder können heute schnell das 10-fache an Ökostrom erzeugen, verglichen mit den ersten kommerziellen Windenergieanlagen aus den Neunzigerjahren. Deshalb – und weil die ersten geförderten Windräder sich dem Ende ihrer Lebenszeit nähern – steht vor allem die Windenergie im Zentrum der Repowering-Vorhaben.

Nicht nur finanziell ein echter Gewinn

Beim „klassischen“ Wind-Repowering lautet das Ziel: mehr Strom aus weniger Anlagen – bei gleichzeitig besserer Umweltverträglichkeit. Neue Windräder sind deutlich größer und höher als ihre Vorgänger und damit leistungsstärker, leiser und effizienter. Da sie durch größere Rotordurchmesser und optimierte Technik selbst bei schwächerem Wind deutlich mehr Strom liefern, können weniger Anlagen mehr Verbraucher:innen versorgen. Das ermöglicht eine effizientere Nutzung bestehender Windstandorte. Und zwar ohne zusätzliche Flächen zu beanspruchen – ein echter Gewinn für Klima und Natur.

Neun altgediente Windräder aus den Neunzigerjahren wurden im Windpark Niese-Köterberg durch drei moderne Anlagen ersetzt. © naturstrom AG

Erfolgreiches Repowering in Lügde: Der Windpark Niese-Köterberg

In der Gemeinde Lügde im Kreis Lippe zeigt der Windpark Niese-Köterberg seit April 2025, wie Repowering konkret aussehen kann: Dort haben NaturEnergy, Koch Wind & Solar GmbH und ToGro Windenergie OHG gemeinsam neun Altanlagen durch drei moderne Nordex-Windräder ersetzt. Diese punkten mit einer deutlich gesteigerten Effizienz. Mit insgesamt 13,5 Megawatt installierter Leistung erzeugen die neuen Anlagen nun jährlich rund 38 Millionen Kilowattstunden Ökostrom – die alten Anlage, die zwischen 1994 und 1998 errichtet wurden, brachten es dagegen gerade einmal auf 2,55 Megawatt​.

Die Erneuerung sorgt mit dieser Verfünffachung der Leistung für eine Verzehnfachung des Energieertrags – genug für über 11.800 Drei-Personen-Haushalte​. Gleichzeitig verbessert sich die Auslastung der Fläche erheblich: weniger Anlagen, mehr Strom – und das bei hoher lokaler Akzeptanz.

Akzeptanz durch Partnerschaft

Repowering – wie jede Form des Erneuerbaren-Ausbaus – kann nur gelingen, wenn es mit und nicht gegen die Menschen vor Ort geschieht. Genau das zeigt das Projekt in Lügde. Die drei Projektpartner setzen bewusst auf eine gleichberechtigte Zusammenarbeit und lokale Verankerung. Die Gewerbesteuer bleibt vollständig in der Gemeinde, zusätzlich fließt ein freiwilliger Beitrag für jede erzeugte Kilowattstunde Ökostrom ins kommunale Säckle. Für den Ort Lügde bedeutet das zusätzliche Einnahmen im hohen fünfstelligen Bereich pro Jahr​.

Auch eine Beteiligung der Bürger:innen an der Projektgesellschaft und ein vergünstigter Ökostromtarif für Anwohner:innen sind geplant – wichtige Schritte, um Vertrauen, Teilhabe und Akzeptanz zu stärken.

Die Standortgemeinde verdient an jeder Kilowattstunde und der vor Ort verbleibenden Gewerbesteuer mit. © Markus Toeberg

Die Sache mit Photovoltaik

Trotz aller Vorteile ist es hierbei aber unerlässlich, das Thema Ressourcenschonung mitzudenken. Laut dem Umweltbundesamt können inzwischen über 90 Prozent der in einer Windkraftanlage verbauten Materialien wiederverwendet werden. Und an den letzten Prozentpunkten ist die Wirtschaft dran – ist ja auch ein Wachstumsmarkt.

Ähnlich sieht es auch bei der Photovoltaik aus. Nur ist die Entwicklung hier noch weniger weit, sodass heute entsorgte Module heute oft ohne Recycling-Möglichkeit in den Elektroschrott wandern. Auch die große Repowering-Welle steht hier noch bevor, da der PV-Boom für Solarparks später begann. Hinzukommt, dass es im Fall der Solarenergie weniger die Leistungssteigerungen der Anlagen als die rapide sinkenden Modulkosten sind, die das Marktgeschehen prägen.

Denn manche Betreiber tauschen so außergewöhnlich früh alte gegen neue Module, obwohl die herkömmlichen noch zu über 90 Prozent leistungsfähig sind. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren zusehends verstärken, sodass mit Hunderttausende funktionstüchtige Solarmodule durch Repowering entsorgt werden könnten. Sinnvoller wäre allerdings bestehende Solarparks zu erhalten oder die entsorgten Module schlicht weiterzuverwenden.

Genau das haben sich die Panelretter vorgenommen. Die naturstrom-Kooperationspartner bieten funktionstüchtige Solarmodule als Balkonkraftwerke an – für naturstrom-Kund:innen mit Sonderrabatt. Das Ziel: einen zweiten Markt für PV-Module schaffen, wie es ihn für andere Luxuselektronik wie Smartphones oder Computer schon längst gibt. Und wie bei diesen Re-Use-Vorreitern besteht enormes Marktpotenzial.

In den kommenden Jahren wird Repowering auch für Photovoltaik ein wichtiges Thema.

Viel Potenzial

Gleich ob Photovoltaik oder Windenergie – Repowering von bestehenden Energieparks oder Einzelanlagen ist ein essenzieller Teil der Energiewende. Es begegnet einem grundsätzlichen Problem: der begrenzten Flächenkulisse für Erneuerbare Energien. Und nutzt eben diese Flächen umso besser.

Der Windpark Niese-Köterberg zeigt beispielhaft, wie eine solche Kraftwerkserneuerung laufen sollte: partnerschaftlich, gemeinsam mit den Menschen vor Ort.

 Damit mehr dieser Projekte Wirklichkeit werden können, braucht es jedoch weitere Verbesserungen der Rahmenbedingungen: schnellere Genehmigungen, klare Regelungen und Anreize für lokale Beteiligung. Hier sind Projektierer der Anlagen, Kommunen und die Bundes- und Landespolitik gleichermaßen in der Pflicht.

Repowering ist keine Zukunftsvision – es ist eine konkrete Lösung für mehr Klimaschutz und zeigt: Mit den richtigen Weichenstellungen kann Deutschland Erneuerbare Energien noch effizienter nutzen – und das mit Rückhalt aus der Bevölkerung.

  • unterstützt seit Juni 2022 das Presseteam bei naturstrom. Zuvor arbeitete er im Veranstaltungsmanagement der Verbraucherzentrale NRW und beschäftigte sich dort mit den Themen Energie und Energieberatung.

  • macht bei naturstrom mit ihrer Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement ihre Überzeugungen in puncto Klimaschutz zum Beruf.

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