Der Mix machts: mehr Wind und Sonne für unseren Ökostrom

Ökostrom zu hohen Anteilen aus Windenergie und Photovoltaik, abgerundet mit Wasserkraft – noch nie war der Mix für unseren naturstrom so bunt und zugleich ausgewogen wie in diesem Jahr. Wie sich der Strommix zusammensetzt, was sich gegenüber den Vorjahren geändert hat und wieso unsere Strombeschaffung eine Besonderheit im deutschen Ökostrommarkt darstellt, erklären wir euch in diesem Blogbeitrag.

Ökostromtarife stehen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern hoch im Kurs, und das nicht erst seit den Streiks von Fridays for Future. Über 14 Mio. Haushalte bezogen im Jahr 2020 grünen Strom, von Jahr zu Jahr werden es mehr.

Ist Ökostrom gleich Ökostrom?

Bei der Qualität der Tarife gibt es jedoch große Unterschiede, ein Großteil bringt die Energiewende keinen Meter voran. Damit Stromkundinnen und -kunden mit dem Wechsel des Tarifs auch tatsächlich zum Klimaschutz beitragen, sollten sie sich drei Fragen stellen:

  • Hat sich der Anbieter in spe ganz auf die Energiewende ausgerichtet oder verdient er auch mit Kohle und Atom sein Geld?
  • Trage ich mit meinem Wechsel direkt dazu bei, dass mehr Ökostromanlagen in Deutschland gebaut werden?
  • Und woher bezieht der Anbieter den Strom, den er mir als Ökostrom verkauft?

Alle drei Fragen sind wichtig, in diesem Beitrag konzentrieren wir uns aber auf die dritte. Und da trennt sich schnell die Spreu vom Weizen.

Ist immer öko drin, wo öko draufsteht?

Denn in einem Großteil der Ökostromtarife in Deutschland steckt eigentlich gar kein Ökostrom drin. Die Anbieter beschaffen die zur Belieferung der Kundinnen und Kunden nötigen Strommengen an der Leipziger Strombörse. Dort ist Strom ein anonymes Gut, ohne jegliche Herkunft, und wird daher oft als „Graustrom“ bezeichnet. Er besteht anteilig aus Kohle-, Gas-, Atom- und Ökostrom und spiegelt in seiner Zusammensetzung schlicht den Strommix in Deutschland wider.

Um diesen Graustrom als Ökostrom verkaufen zu können, müssen die Anbieter ihn neu etikettieren. Das geht ganz einfach: mit einem Herkunftsnachweis, der die Erzeugung von Ökostrom bescheinigt. Solche Nachweise wurden 2021 europaweit für einen Spottpreis von ca. 0,07 Cent pro Kilowattstunde gehandelt. Wie gut, dass ein Land in Europa fast seinen kompletten Bedarf mit Ökostrom deckt und daher quasi als Nebenprodukt sehr viele Herkunftsnachweise produziert, die sich an deutsche Energieversorger verkaufen lassen: Norwegen. Erneuerbare Energien machen dort gut 98 Prozent des Strommixes aus, mehr als 93 Prozent stammen aus Wasserkraft. Und so kommt es, dass viele deutsche Ökostromtarife vorgeblich zu 100 Prozent aus norwegischer Wasserkraft stammen. Legal ist das, aber auch hart an der Grenze zur Verbrauchertäuschung – und völlig nutzlos für die Energiewende.

Und woher kommt der Ökostrom bei NATURSTROM?

NATURSTROM hat dagegen schon immer Ökostrom in bilateralen Verträgen direkt bei den Betreibern der Anlagen beschafft. In den Jahren von 2015 bis Ende 2020 hieß das – bis auf wenige kleine Ausnahmen – den Strom aus deutschen Wasserkraftwerken einzukaufen. Schon mit dieser Beschaffungspraxis hatte NATURSTROM zu den Qualitätsführern in Sachen Stromherkunft gezählt.

Warum aber waren nicht immer schon Wind und Sonne mit im Mix? Das liegt am sogenannten Doppelvermarktungsverbot. Die Stromerzeugung aus Photovoltaik- und Windenergieanlagen wird für einen Zeitraum von 20 Jahren ab Errichtung der Anlagen nach den Regularien des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vergütet. Früher mit einer festgelegten Einspeisevergütung, seit ein paar Jahren auf der Basis von wettbewerblichen Ausschreibungen. Die Differenz zwischen dem Marktwert des Stroms im Großhandel und der in der aller Regel höheren gesetzlich oder per Ausschreibung festgelegten Vergütung wird auf die privaten und gewerblichen Stromkunden umverteilt: die EEG-Umlage. Und weil somit alle Haushalte über die EEG-Umlage die Ökostromerzeugung schon zu einem gewissen Teil mitfinanziert haben und ihnen dies in der Stromkennzeichnung ihres Tarifs als „Erneuerbare Energien finanziert aus der EEG-Umlage“ anteilig ausgewiesen wird, können die solcherart geförderten Ökostrommengen natürlich nicht noch einmal in einem speziellen Ökostromtarif vermarktet werden.

Warum markiert 2020 den Umbruch?

Die Erzeugung aus Wind- und Photovoltaikanlagen in Deutschland stand deshalb für die Belieferung von Ökostromkundinnen und -kunden nicht zur Verfügung – bis 2020. In diesem Jahr änderte sich zweierlei:

Zum einen wurde es aufgrund der immer weiter sinkenden Systemkosten möglich, erste größere Solarparks zu bauen, die sich allein durch den Stromverkauf zu Marktkonditionen refinanzieren – also ohne EEG-Vergütung. Diese Entwicklung markierte geradezu einen Durchbruch für die Erneuerbaren: Ziemlich genau 20 Jahre nachdem die erste Fassung des EEGs in Kraft getreten war – mit damals noch Einspeisevergütungen von bis zu 50 Pfennig für Photovoltaik-Dachanlagen – war die Photovoltaik im Markt so richtig angekommen. Vergleicht man heute die Stromgestehungskosten neu errichteter Kraftwerke, ist keine Technologie der Stromerzeugung günstiger als Photovoltaik auf großen Freiflächen.

Zum anderen wurden zum Jahresende 2020 mehr als 4.000 Windränder in den freien Strommarkt entlassen. 20 Jahre nach Inkrafttreten des EEG im Jahr 2000 endete für diese Anlagen mit dem Jahreswechsel der Anspruch auf die Einspeisevergütung – ein absolutes Novum. Da die meisten dieser Altanlagen vermutlich noch ein paar Jahre verlässlich Ökostrom produzieren können und an vielen Standorten ein Austausch gegen neue Anlagentypen nicht ohne Weiteres möglich ist, ist es im Sinne der Energiewende und des Klimaschutzes, die alten Mühen möglichst lange weiterlaufen zu lassen. Die Stromerzeugung müssen die Betreiber der Anlagen nun im freien Markt verkaufen – zum Beispiel an Ökostromanbieter wie NATURSTROM.

Wie kommen Wind und Sonne in den Mix?

NATURSTROM war 2020 einer der ersten Stromanbieter, der einen Liefervertrag über Strommengen aus einem der damals noch sehr seltenen ungeförderten Solarpark abgeschlossen hat. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war die Anlage sogar noch im Bau, sie wurde im Jahresverlauf in mehreren Etappen in Betrieb genommen. Deshalb ist in der (derzeit noch aktuellen) Stromkennzeichnung für 2020 der Solaranteil auch noch gering. Zudem hat NATURSTROM im bayerischen Rottenbach selbst einen Solarpark errichtet, der zum Teil auf die EEG-Einspeisevergütung verzichtet und seine Stromerzeugung direkt an naturstrom-Kundinnen und -Kunden liefert.

Voraussichtlicher naturstrom-Mix 2021

Voraussichtlicher naturstrom-Mix 2021

Parallel zu diesen Aktivitäten hat NATURSTROM Ende 2020 Verträge mit zahlreichen Windmüllern geschlossen, um ab 2021 mit dem Strom ihrer Anlagen die eigenen Kundinnen und Kunden zu versorgen. Auch ein paar eigene Windräder kann NATURSTROM seitdem zur Kundenbelieferung nutzen, darunter auch Anlagen des erst kurz zuvor erworbenen Windparks Eselsberg.

Die Integration von mehr als zweihundert ausgeförderten Windrädern und einigen großen Solarparks war in der Strombeschaffung bei NATURSTROM ein spürbarer Umbruch – und vor allem natürlich ein echter Meilenstein! Denn dadurch wurde 2021 grüner Strom bei NATURSTROM deutlich bunter. Vorbehaltlich kleinerer Nachberechnungen bestand der Mix zu 35 Prozent aus Windstrom, zu 12 Prozent aus Solar- und zu 53 Prozent aus Wasserkraftstrom, komplett produziert in Anlagen aus Deutschland.

Und 2022 bringt sogar noch mehr Wind- und Sonnenstrom für die naturstrom-Kundinnen und -Kunden. Für das laufende Jahr hat NATURSTROM Verträge mit mehr als 300 Windenergieanlagen geschlossen und auch die kontrahierten Photovoltaik-Kapazitäten aufgestockt. Damit ist die Tendenz ist klar: NATURSTROM bietet Ökostrom, der die Energiewende in ihrer ganzen Vielfalt zeigt – und sie auch tatsächlich voranbringt.

Tim Loppe
loppe@naturstrom.de

ist seit April 2010 Pressesprecher bei naturstrom. Entdeckte die Energiewende in seiner Zeit bei einer Düsseldorfer PR-Agentur für sich. Zuvor hatte der promovierte Germanist an den Universitäten Düsseldorf und Münster im Bereich Sprachwissenschaften gelehrt. E-Mail

3 Kommentare
  • Joa Falken
    Gepostet um 09:32h, 10 März Antworten

    Bedauerlich, dass derzeit kein Wechsel zu Naturstrom möglich ist. Möglich erscheint:
    * Einführung eines ambitionierten „Solar-Tarifs“, der den nicht-EEG-gebundenen Anteil des Stromabsatzes von rund 40% ausschließlich über (neue) Solarenergie aus der Freifläche bezieht, und
    * Wechsel „auf Termin“, beispielsweise zu Anfang 2023 oder zum 2. Quartal 2023: Bis dahin haben sich zum eien die Marktextreme wieder beruhigt (laut Terminmarktpreisen), zum anderen reicht dann die Zeit aus, um eben die Solaranlagen für den vorgenannten Anteil an Solarstrom herzustellen und aufzubauen.
    * Hinweis auf den Regeltarif und dass die Hoffnung besteht, diesen wieder für „sofortige“ Neukunden zu öffnen.

    Anfang 2023 wäre insoweit besser, als vermutlich mehr Kunden eine Preisgarantie bei ihrem derzeitigen Versorger bis dahin haben.
    Dieser Wechsel „auf Termin“ könnte ggf. auf Kunden von solchen bisherigen Versorgern beschränkt bleiben, bei denen eine hinreichende Erwartung besteht, dass sie auch bis dahin im Geschäft bleiben und akzeptable Preise beibehalten werden. Damit soll verhindert werden, dass der Kunde schon vorher in die Bredouille kommt, und damit würde vielleicht auch die besonders wechselfreudigen Endkunden auf Schnäppchensuche ausgeschieden werden.

    Ich weiß nun nicht, ob es gewisse Verbraucherschutz-Rechte gibt, die eine verbindlichen Bindung an einen neuen Stromanbieter ca. ein Jahr im Voraus erlauben. Wenn die Neukunden dann ein Sonderkündigungsrecht vor Vertragsbeginn haben würden, der Wechsel insoweit unter Vorbehalt auf Seiten der Kunden steht, hielt ich das indes für eine verkraftbares Risiko.

  • C. Over
    Gepostet um 10:07h, 31 Mai Antworten

    Aber sollte Ökostrom nicht billiger sein wie Strom aus Kohle usw? Aber es ist genauso teuer bis teuerer.

    • Sven Kirrmann
      Gepostet um 13:48h, 31 Mai

      Hallo,
      die Stromgestehungskosten neuer Erneuerbaren-Anlagen sind heute schon günstiger als die von heutigen Fossil- oder Atomkraftwerken. Warum es dennoch bei den Stromtarifen keinen Unterschied macht, welche Energieträger verwendet werden, haben wir hier ausführlich erklärt. Ganz kurz zusammengefasst: Im Stromgroßhandel bildet sich ein Preis, der dann für alle Ein- bzw. Verkäufe gilt, es gibt keine Differenzierung der Einkaufspreise nach Energieträger. Dennoch helfen Erneuerbare schon heute – indem sie den Börsenstrompreis drücken bzw. in dem Direktverbrauchsmodelle ohne Umweg über den Markt von günstigen Gestehungskosten profitieren.
      Viele Grüße
      Sven von NATURSTROM

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