Jetzt zählt’s: die Smart Meter kommen

Mit dem im Mai 2023 verabschiedeten Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende kommen die Smart Meter. Doch schon Ende Januar 2020 startete in Deutschland eigentlich der Rollout von sogenannten intelligenten Stromzählern. In diesem Blogbeitrag zeigen wir, was bisher erreicht wurde, und widmen uns den wichtigsten Fragen zum Thema: Was können Smart Meter? Welche Kosten entstehen Verbraucher:innen durch die Installation? Wer ist überhaupt betroffen? Und welche Kritik gibt es am Rollout? Außerdem klären wir, warum Smart Meter und Digitalisierung denn überhaupt so wichtig für die den Fortgang der Energiewende sind.

Digital, intelligent, praktisch – Was ist ein Smart Meter?

Zunächst zu den Begrifflichkeiten: Smart Meter können in verschiedenen Bereichen auftreten und sowohl den Strom- wie auch den Wärme-, Wasser- oder Gasverbrauch messen. Der Haupteinsatzzweck wird aber zunächst das Stromsystem, weshalb wir uns hier auf diesen Bereich konzentrieren. Aber auch mit Fokus auf den Strombereich muss man bei den Definitionen aufpassen: Allein eine moderne Messeinrichtung ist nämlich noch lange keine intelligente Infrastruktur. Die Abgrenzung ist im deutschen Gesetz klar geregelt:

Ein digitaler Zähler ist zwar bereits deutlich funktionsfähiger als die herkömmlichen elektromagnetischen Ferarris-Zähler. Er kann nicht nur den aktuellen Verbrauchsstand anzeigen, sondern auch den Verlauf speichern. Damit können etwa die Stromverbrauchsdaten für bestimmte Zeiträume oder Lastspitzen beim Strombedarf im Detail dargestellt werden.

Zum Smart Meter beziehungsweise zum intelligenten Messsystem werden die digitalen Zähler aber erst, wenn sie auch über eine Kommunikationseinheit verfügen, das so genannte Smart Meter Gateway. Erst dann muss der Zählerstand nicht mehr vor Ort abgelesen werden; Netzbetreiber, Stromversorger oder auch der angeschlossene Haushalt können stattdessen automatisiert und über unterschiedliche digitale Plattformen in Echtzeit auf die Daten zugreifen. Auch die Interaktion mit dem Stromnetz, etwa für lastvariable Tarife (s.u.), ist erst mit einem Smart Meter möglich.

Smart Meter als Grundbaustein für ein digitales Energiesystem

Angesichts der grundlegenden Umwälzung beim Umstieg auf Smart Meter fragen sich sicherlich viele: Wofür braucht es das überhaupt? Sicher ist, dass wir für die Steuerung eines immer dezentraler und vielfältiger geprägten Energiesystems intelligente und automatisierte Prozesse benötigen. Die Steuerung der zahlreichen kleinen, immer individueller agierenden Erzeugungs- und Verbrauchseinheiten ist manuell nicht zu stemmen. Ziel muss daher sein, so einen möglichst großen Teil der Energiestruktur digital abzubilden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass ausreichend Informationen über die aktuelle Lage verfügbar sind. Smart Meter liefern genau diese Daten für Haushalte und kleine bis mittlere Gewerbetreibende genauso wie für Erzeugungsanlagen und speisen sie in die relevanten Plattformen ein. Bislang wurde gerade für Kleinverbraucher nur einmal im Jahr der Strombedarf abgelesen, der genaue Verbrauchsverlauf in der Zwischenzeit wird allein auf Basis statistischer Modelle abgeschätzt.

Die intelligenten Messgeräte holen die Energiewirtschaft so ins Internetzeitalter. Insgesamt wird die Energieversorgung – wie auch unsere ganze moderne Zivilisation – kaum mehr ohne die unterliegende digitale Verknüpfung funktionieren. Und für viele bietet die neue Technologie auch durchaus einen Mehrwert: Angefangen beim Komfort, nicht mehr den Stromzähler ablesen zu müssen. Aber vor allem die erhöhte Transparenz zum eigenen Stromverbrauch birgt Chancen. Gerade wer selbst Strom erzeugt, oder einen flexiblen Stromtarif nutzt, kann durch entsprechend angepasstes Nutzungsverhalten viel Geld sparen.

Chancen für Prosumer:innen

Im Erzeugungsbereich ist eine digitale Datenerhebung schon längst Standard. Sowohl Großkraftwerke als auch größere dezentrale Erneuerbaren-Anlagen sind digital angebunden und können aus der Ferne angesteuert werden, etwa um bessere Preise an der Strombörse zu erzielen oder das Stromnetz zu stabilisieren. Auch bei sehr großen Verbrauchern mit mehr als 100.000 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr, wie etwa bei Industrieunternehmen, gab es bisher schon eine reale Leistungsmessung, die jederzeit einen genauen Blick auf den aktuellen Strombedarf in den Betrieben erlaubte.

Mit dem Smart Meter-Rollout werden seit 2020 auch mehr und mehr Daten kleinerer bis mittelgroße Verbraucher:innen in Echtzeit erfasst. Für die zunehmende Zahl von Prosumer:innen in Deutschland ist das Vorhaben besonders interessant. Hierzu zählen etwa Haushalte oder Unternehmen, die mit einer Photovoltaikanlage Ökostrom produzieren und diesen primär selbst nutzen. Gerade wer den eigenen Solarstrom speichert oder über flexible Lasten, etwa eine steuerbare Wärmepumpe oder ein Elektroauto, verfügt, kann von einem Smart Meter profitieren Denn der Einbau eines solchen ist die Voraussetzung für einen möglicherweise lukrativen variablen Tarif.

Sparen mit variablen Tarifen

Diese bislang noch kaum verfügbaren Angebote bieten einen wechselnden Strompreis. Dieser kann sich nach dem Zustand der Netze bzw. dem aktuellen Stromangebot im Land bzw. der Region richten. Die Verbraucher:innen bekommen so einen Anreiz, ihren Bedarf auf die aktuelle Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien auszurichten und auf diese Weise Geld zu sparen. Um sicherzugehen, dass die lukrativen Angebote auch genutzt werden können, sind alle Energieversorger ab 2025 verpflichtet, variable Tarife anzubieten. Außerdem haben Haushalte mit einem Verbrauch über 6.000 kWh im Jahr ab 2025 auch Anspruch auf einen Smart Meter – Haushalte mit weniger Verbrauch können diesen aber ebenfalls auf freiwilliger Basis bekommen. Auf Wunsch muss der Messstellenbetreiber ihn innerhalb von vier Monaten installieren.

Für wen gilt die Smart Meter-Pflicht?

Zwar wird der Einbau viele Haushalte betreffen, aber zunächst vor allem jene mit einem deutlich überdurchschnittlichen Strombedarf. Unter den Pflichteinbau fallen ab 2025 alle Haushalte und Gewerbe ab einem Verbrauch von mindestens 6.000 kWh pro Jahr. (Zum Vergleich: ein Durchschnittshaushalt mit drei Personen wird oft mit einem Bedarf von 3.500 kWh angegeben.) Der Großteil der deutschen Haushalte liegt heute noch unterhalb dieser Grenze. Durch die wachsende Zahl von Wärmepumpen und E-Autos werden in den nächsten Jahren aber mehr und mehr Haushalte betroffen sein. Für Besitzer:innen von Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung ab 7 bis 100 Kilowatt peak gilt die Pflicht ebenfalls.

 Kosten des Smart Meter Rollout

Verantwortlich für die praktische Umsetzung des Rollouts sind die Messstellenbetreiber und müssen daher die initialen Kosten tragen. Aber: Die Kosten für den Einbau der Smart Meter können sie auf die Kund:innen umwälzen, die Höhe des Beitrags ist jedoch klar begrenzt. Für normale Haushaltskund:innen deckelt das Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende die jährlichen Betriebskosten bei 20 Euro. Für Haushalte mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen sollen es 50 Euro pro Jahr sein. Wichtiger Hinweis: Mittlerweile können Verbraucher:innen den Messtellenbetreiber wechseln und dadurch eventuell Kosten sparen. Insofern trägt der Einbau intelligenter Stromzähler trotz gewisser möglicher Mehrbelastungen auch an dieser Stelle zur Transparenz bei.

Wie lief der Ausbau bislang und wie ist der Zeitplan?

Eigentlich sollte der Einbau schon 2017 starten. Der verpflichtende Einbau begann aber erst im Jahr 2020 mit der Verfügbarkeit von drei zertifizierten Zählern. Er wurde dann eigentlich auch gleich für alle beschriebenen Verbrauchsgruppen wirksam. Durch Lieferengpässe im Zuge der Corona-Pandemie und zuletzt des Ukraine-Konflikts kam der Rollout allerdings ins Stocken. Um ihn wieder zu beschleunigen, brachte die Ampel-Regierung im Frühjahr 2023 das Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende auf den Weg. Die enthaltenen Vereinfachungen und festen Fahrpläne sollen einen flächendeckenden Umstieg auf intelligente Stromzähler bis 2032 gewährleisten und verlorene Zeit wiedergutmachen. Die ambitionierten Ziele: Bis Ende 2025 sollen 20 Prozent der unter den Pflichteinbau fallenden Fälle mit Smart Metern ausgestattet sein. Bis Ende 2028 mindestens 50 Prozent. Und 2030 mindestens 95 Prozent. So soll der Rollout 2032 abgeschlossen sein.

Kritik an den Smart Metern

Obwohl sich die allermeisten Energiewendebeobachter einig sind, dass es mehr Intelligenz im Stromsystem braucht, gibt es an dem Smart Meter Rollout durchaus auch Kritik – und nicht nur am schleppenden Vorankommen: Gerade Verbraucherschützer weisen auf den zusätzlichen Datenverkehr hin, denn mit den intelligenten Zählern wird auch der eigene Energieverbrauch deutlich nachvollziehbarer. So gibt es ähnlich wie bei allen anderen Informationsanwendungen theoretisch auch Missbrauchspotenzial bei den Smart Metern. In Deutschland wurde bei dem Zertifizierungsprozess zwar sehr viel Wert auf die Datensicherheit der Geräte gelegt – nicht zuletzt deshalb verzögerte sich der Rollout so stark –, aber eine absoluter Missbrauchsschutz ist natürlich nie gegeben. Die erwartbaren konkreten Vorteile für die einzelnen Haushalte und vor allem fürs Energiesystem überwiegen diese potenziell problematischen Aspekte jedoch deutlich.

Der für viele Haushalte erste Schritt in die Digitalisierung des Energiesystems läuft bislang alles andere als rund. Dennoch bleibt die intelligente Verknüpfung der allermeisten Akteure im Energieversorgungssystem, seien es Erzeuger, Verbraucher oder die neue Mischform der Prosumer, für eine erfolgreiche Energiewende unabdingbar. Auch entspricht eine Digitalisierung der Stromzähler dem technischen Stand des 21. Jahrhunderts und den heutigen Erwartungen vieler Verbraucher Komfort und Bedienbarkeit elektronischer beziehungsweise vernetzter Geräte.

Redaktionshinweis:

Dieser Text wurde erstmals im Januar 2020 veröffentlicht. Er wird fortwährend aktualisiert.

 

Sven Kirrmann
sven.kirrmann@naturstrom.de

Unterstützt seit Juli 2019 von Berlin aus die naturstrom-Pressearbeit. Schon lange Jahre überzeugter Energiewender, auch beruflich. Unter anderem zuvor bei der Agentur für Erneuerbare Energien mit Kommunikation zu einer nachhaltigen Energieversorgung beschäftigt.

8 Kommentare
  • Bernd
    Gepostet um 22:10h, 04 Februar Antworten

    Völlig unerwähnt blieb hier, dass eine immer stärkere Digitalisierung der Infrastruktur unser Stromnetz und damit auch unsere Gesellschaft immer angreifbarer macht. Hackerangriffe werden nur deshalb nicht mehr in den Medien erwähnt, weil sie alltäglich geworden sind.
    Kritisch sehe ich auch Sätze wie „Insgesamt wird die Energieversorgung wie auch unsere ganze moderne Zivilisation allerdings kaum mehr ohne diese unterliegende digitale Verknüpfung funktionieren.“ Das sind pauschale Behauptungen von Leuten, die selbst von der Digitalisierung profitieren oder für die Digitalisierung einen fast schon religiösen Charakter angenommen haben, Fernlicht mehr hinterfragt werden darf.

    • Sven Kirrmann
      Gepostet um 18:20h, 05 Februar

      Hallo Bernd,

      dass die Digitalisierung der Stromnetze natürlich auch die digitalen Angriffsmöglichkeiten auf diese erhöht, ist durchaus im Absatz „Kritik“ erwähnt, wenn auch zugegebenermaßen nicht allzu ausführlich. Der generellen Feststellung kann ich so zustimmen, allerdings kann man andererseits auch sagen, dass mit einer stärkeren digitalen Steuerung und mehr Sensoren im Netz das System andersherum robuster gegen klassische physische Angriffe oder Störungen wird, einfach weil ein viel besseres Bild des aktuellen Zustandes und damit auch zielgerichtetere Reaktionen auf potenzielle Probleme möglich werden. Zudem muss gesagt werden, dass das Stromsystem zu den kritischen Infrastrukturen zählt und hier bei der Digitalisierung sehr hohe Sicherheitsstandards angelegt werden – ein Szenario wie etwa im Buch Blackout beschrieben ist zwar theoretisch denkbar, praktisch aber kaum umzusetzen.

      Zu der generellen Bewertung der Digitalisierung: Es ist sicher richtig, dass hier einige Entwicklungen auch kritischer betrachtet werden müssten und man viele der ja durchaus komfortablen Angebote zu selbstverständlich nutzt – das kann ich auch ganz für mich persönlich so unterschreiben. Dennoch bleibe ich dabei, dass unsere moderne Gesellschaft des 21. Jahrhunderts nicht ohne diese unterliegende Digitalisierung denkbar wäre. Das Internet ist ein elementarer Bestandteil unseres Lebens, nicht umsonst wird ein Onlinezugang schon wie der Anschluss an die Wasser- und Energienetze als Teil der Daseinsvorsorge gesehen. Das kann man kritisch sehen – und muss es wie oben gesagt sicher auch an manchen Stellen – ist aber der aktuelle Zustand, von dem wir auch nicht, zumindest nicht kurzfristig, wegkommen. (Und von dem ich für meinen Teil auch nicht weg will.) Allein der jetzt geführte Austausch wäre etwa ohne Digitalisierung wohl nur schwer möglich 😉

      Und für die Energieversorgung ist es eben so, dass ein System mit sehr viel mehr und unterschiedlicheren Erzeugern sowie Verbrauchern nur ausbalanciert werden kann, wenn die Steuerung Daten zu diesen ganzen Elementen zur Verfügung hat und diese auch verarbeiten kann. Das ist ohne Digitalisierung und Automatisierung undenkbar. Daher bleibe ich dabei, dass die Digitalisierung der Energieversorgung für eine erfolgreiche Energiewende unabdingbar ist – auch wenn wir die entsprechenden Prozesse sicher immer durchaus kritisch begleiten müssen.

      Viele Grüße, Sven von NATURSTROM

  • Martin
    Gepostet um 13:23h, 05 Februar Antworten

    Ich fände es interessant, wenn Naturstrom einen zeitabhängigen Tarif in Kooperation mit z.B. Discovergy anbieten würde.

    • Sven Kirrmann
      Gepostet um 11:58h, 10 Februar

      Hallo Martin,
      danke für die Anregung! Aktuell ist da bei uns noch nichts konkret in Vorbereitung, aber wir schauen uns die Entwicklungen natürlich ganz genau an, insbesondere da mit dem nun beginnenden Smart Meter Rollout natürlich auch bessere Voraussetzungen für die Nutzung solcher Tarife geschaffen werden.
      Viele Grüße, Sven von NATURSTROM

  • Christian
    Gepostet um 11:37h, 10 August Antworten

    Ich möchte auch nochmal anfragen, ob Naturstrom einen Zeitplan hat, wann zeitabhängige Tarife kommen werden, oder ob es 2025 zum Pflichttermin angeboten wird? Sie schreiben oben, daß auch neue PV Anlage mit mehr als 7 kWp betroffen sind. Wenn schon ein SmartMeter ins Haus kommt wegen der PV dann wäre so ein dynamischer Tarif zusätzlich interessant. Und außerdem macht es doch klimapolitisch Sinn, den Strom selbst zu verbrauchen anstatt ihn ins Ausland teilweise zu verschenken.

    • Sven Kirrmann
      Gepostet um 14:37h, 11 August

      Hallo Christian,
      aktuell ist ein zeitabhängiges Tarifangebot nicht buchbar, gerne kannst du dich jedoch auf unsere entsprechende Warteliste setzen lassen, um bei Änderungen direkt informiert zu werden: https://www.naturstrom.de/privatkunden/naturstrom-smart
      Das sollte dann auch deutlich vor 2025 möglich sein. 🙂
      Viele Grüße
      Sven von naturstrom

  • Sebastian
    Gepostet um 11:24h, 04 Oktober Antworten

    Hallo,
    ich finde das auch für private Haushalte spannend, um den eigenen Verbrauch im Blick behalten zu können. Daher meine Frage: Wie komme ich als Verbraucher direkt an die Daten? Bspw. um diese in ein System wie Homeassistant aufnehmen zu können. Bei Wasserzählern oder Rauchmeldern get das gut über M-Bus/OMS (sofern der Versorger die Schlüssel herausgibt). Wäre dafür Naturstrom mein Ansprechpartner?
    Viele Grüße

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