Symbolbild_Björn Klusmann fordert eine nachhaltige Steuerpolitik

Gastbeitrag: Energiesteuern reformieren, Klimaschutz voranbringen

Eine nach­haltige Steuer­politik könnte den Umwelt- und Klima­schutz deutlich voran­bringen. Björn Klusmann fordert deshalb im ersten Schritt eine Reform unserer Energie­steuern. Sparsame Energie­ver­braucher­innen und -verbraucher könnten von einer Reform doppelt profitieren.

Wer in Deutschland arbeitet oder Arbeit schafft, trägt erheblich zur Finanzierung des Gemeinwesens bei. So liefert der Faktor Arbeit mit 63,3 Prozent (in 2017) den größten Anteil zum gesamten Steueraufkommen. Kapital steuert immerhin noch 13,2 Prozent dazu. Wer jedoch unsere Umwelt verschmutzt und natürliche Ressourcen verbraucht, trägt nur mit 4,3 Prozent zum gesamten Steueraufkommen bei – Tendenz sinkend. Wäre es nicht sinnvoll, wenn wir gutes Verhalten belohnen und schlechtes Verhalten besteuern? In anderen Worten: Steuern auf Löhne runter, Steuern auf Umweltverschmutzung rauf. Eine Reform unserer Energiesteuern wäre ein erster Schritt in diese Richtung.

Steuern lenken Konsumverhalten

Umweltfreundliches Verhalten lässt sich am einfachsten über den Geldbeutel steuern. Ein wesentlicher Baustein für eine nachhaltige Finanzpolitik ist eine Reform der Energiesteuern. Schließlich beeinflussen Energiepreise den individuellen Konsum und die Attraktivität von Klimaschutz- und Energiewendeinvestitionen. So führen niedrige Energiesteuern für Erdgas und Heizöl zu einer stärkeren Nachfrage nach diesen klimaschädlichen Heizstoffen; eine energetische Umrüstung bei Gebäuden und Heizsystemen wird dadurch unwirtschaftlich.

Fehlanreize korrigieren

Diese Fehlanreize gilt es dringend zu korrigieren. Drei Bausteine führen zu nachhaltigeren Energiesteuern und erhöhen gleichzeitig die Akzeptanz in der Bevölkerung:

  1. Die Steuersätze im Wärme- und Verkehrssektor müssen sowohl am Energiegehalt als auch an der CO2-Intensität des Energieträgers ausgerichtet und die Preisstrukturen korrigiert werden. So darf etwa Dieselkraftstoff aufgrund des höheren Energie- und CO2-Gehalts nicht günstiger als Benzin sein. Die CO2-Komponente sollte anfänglich 30 Euro pro Tonne betragen und dann schrittweise angehoben werden. Zusätzlich sollten die Steuern an die jährliche Inflation angepasst werden, damit die ökologische Wirkung einer solchen Steuer dauerhaft erhalten bleibt.
  2. Auch im Stromsektor muss ein CO2-Mindestpreis von zunächst 30 Euro pro Tonne CO2 eingeführt werden. Dieser Steuersatz sollte an den europäischen Emissionshandel gekoppelt werden. Damit lässt sich ein Mindestpreis für CO2-Emissionen im Stromsektor umsetzen und die Kosten für CO2-Zertifikate bei der Steuer anrechnen. Damit die steigenden Strompreise etwas abgefedert werden, kann die Stromsteuer oder die EEG-Umlage abgesenkt werden.
  3. Die Mehreinnahmen durch die Energiesteuerreform müssen an die Bevölkerung und die Unternehmen zurückfließen. Zwar könnten damit auch die Lohnnebenkosten gesenkt werden, wie es etwa im Rahmen der Ökologischen Steuerreform 1999-2003 geschehen ist, allerdings erhöht ein sogenannter Energiewendebonus die Akzeptanz einer Energiesteuerreform. Bei geschätzten Mehreinnahmen von rund zwölf Milliarden Euro pro Jahr würden die rund 82 Millionen Bürgerinnen und Bürgern jährlich einen Energiewendebonus von etwa 120 Euro pro Person erhalten.

Einkommensschwache Haushalte profitieren besonders

Ein weiterer Vorteil des Energiewendebonus Pro-Kopf: Wenn die zusätzlichen Steuereinnahmen (teilweise) rückerstattet werden, können die sozialen Folgen abgefedert und gleichzeitig die ökologischen Anreize aufrechterhalten werden.

Björn Klusmann ist Geschäftsführer beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft. (Foto: FÖS)

Björn Klusmann ist Geschäftsführer beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft. Foto: FÖS

Der Gedanke dahinter: Wenn die Preise für Strom und Heizung sowie das verfügbare Einkommen – durch den Energiewendebonus – steigen, wird das zusätzliche Einkommen nicht vollständig für die gleiche Menge Energie ausgegeben. Stattdessen kann das zusätzliche Geld für Kleidung, Urlaub oder Kultur ausgegeben werden. Das Pro-Kopf-Modell hat zudem den Vorteil, dass Familien und Alleinerziehende stärker von der Rückzahlung profitieren, als bei einem Pro-Haushalt-Modell. Vor allem Personen die Sozialleistungen beziehen, erhalten durch den jährlichen Energiewendebonus die größte (prozentuale) Einkommenserhöhung.

Unterm Strich werden sparsame Verbraucherinnen und Verbraucher doppelt belohnt: 1. Durch den Energiewendebonus; und 2. durch die Kostenersparnis aufgrund eines niedrigeren Energieverbrauchs.

Das zusätzliche Steueraufkommen seitens der Unternehmen könnte rund 2,2 Milliarden Euro betragen. Zwei Drittel davon könnten durch einen Energiewendebonus in Höhe von 114 Euro pro 100.000 Euro Lohnsumme im Jahr an die Unternehmen zurückgegeben werden. Die übrigen 0,7 Milliarden Euro könnten weitere Klimaschutzmaßnahmen finanzieren. Um die Wettbewerbsfähigkeit von besonders energieintensiven Unternehmen nicht zu gefährden, sollen diese von zusätzlichen Energiesteuern befreit werden.

Starker Schutz von Klima und Umwelt

Dass ein Steuermodell mit CO2-Preis und Rückerstattungskomponente eine hohe Lenkungswirkung haben könnte und dazu führt, dass Privathaushalte und Wirtschaft weniger Schadstoffe ausstoßen, zeigt das Schweizer Beispiel. Dort wurde eine CO2-Abgabe eingeführt. Die Einnahmen werden an die Bevölkerung und Wirtschaft zurückgegeben. Im Zeitraum 2008 bis 2015 wurden dadurch 6,9 Millionen Tonnen CO2 eingespart. Auch wenn sich das Beispiel Schweiz nicht 1:1 auf Deutschland übertragen lässt, belegen die Zahlen eindeutig: Eine Energiesteuerreform bringt den Klimaschutz voran.

Die nächste Bundesregierung steht vor gewaltigen Aufgaben. Das Energiesteuersystem umweltfreundlich zu gestalten ist eine davon und unabdingbar, wenn Deutschland seine Klimaziele bis 2050 erreichen will.

Björn Klusmann ist seit August 2015 Geschäftsführer beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS). Zuvor war er in der Branche der erneuerbaren Energien tätig, davon vier Jahre als Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energie e.V. (BEE). Davor hat er für eine Berliner Kommunikationsagentur gearbeitet, u.a. für Kunden aus der Verkehrsbranche sowie verschiedene öffentliche Institutionen.

Gastautor_in
presse@naturstrom.de

Unter diesem Profil bloggen die verschiedensten Gastautoren zu den Themen Energie und Umwelt- und Klimaschutz. In ihren Texten werfen sie einen Blick über den Rand der NATURSTROM-Welt. Die Meinung der Gastautoren spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der NATURSTROM AG und der Redaktion wieder.

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