CO2-Preis: Warum fossile Energieträger immer teurer werden und was ab 2027 gilt

08.08.2025

 – Sven Kirrmann

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Ein zentrales Instrument für mehr Klimaschutz ist ein CO2-Preis – auf nationaler und europäischer Ebene. Denn er macht das Verbrennen fossiler Energieträger immer teurer und so nachhaltige Alternativen attraktiver. Wir erklären die Hintergründe, schauen in die Zukunft von Öl und Gas (teuer, keine!) sowie Erneuerbarer Energien (blendend, klar) und erklären, warum es ab 2027 richtig spannend – und teuer – werden könnte.

Warum überhaupt ein CO2-Preis?

CO₂ und andere Treibhausgase verursachen enorme Schäden, etwa durch Extremwetter, Ernteausfälle oder Gesundheitsschäden. Doch bislang spiegeln sich diese Kosten kaum in den Energiepreisen wider – fossile Technologien erscheinen dadurch günstiger, als sie es tatsächlich sind. Eine staatlich organisierte Bepreisung pro ausgestoßener Tonne CO₂ korrigiert dieses Marktversagen. Gleichzeitig schafft sie Investitionssicherheit für klimafreundliche Alternativen und ermöglicht soziale Ausgleichszahlungen wie das Klimageld.

Wie funktioniert der CO2-Preis?

Pro Tonne CO₂ wird ein CO₂-Zertifikat fällig – je nach System entweder beim Verbrennen von fossilen Energieträgern (Downstream) oder beim Inverkehrbringen dieser fossilen Energieträger, also etwa von Erdgas, Benzin oder Diesel (Upstream, z. B. bei Mineralöl- und Gaslieferanten). Der Preis ergibt sich entweder durch staatliche Vorgabe, wie derzeit in Deutschland, oder über einen begrenzten Markt. Beides schafft marktwirtschaftliche Anreize zur Emissionsminderung, wobei nur mit letzterem Ansatz der maximal erlaubte Ausstoß direkt auf die Kosten wirkt – je knapper die Zertifikate, desto höher der Preis.

Kurzum: Das Instrument ist ein marktwirtschaftlicher Weg zu mehr Klimaschutz.

Das Grundprinzip ist also: Wer fossile Rohstoffe nutzt, zahlt für den damit verursachten Klimaschaden – Tendenz steigend. Allerdings bildet kein CO2-Preis bislang ansatzweise die reale Schadenshöhe ab, weder auf deutscher noch EU-Ebene. Denn das Umweltbundesamt geht von Klimakosten von etwa 800 Euro pro Tonne CO2 aus. Selbst wenn man heutigen Wohlstand höher gewichten würde als den kommender Generationen, müsste der CO2-Preis in den nächsten Jahren bei 200-250 Euro pro Tonne CO2 liegen.

Die höchsten Preise im Handelssystem liegen noch weit darunter. Das zeigt: Eine wirkliche Balance der heutigen Preise und dem mittelfristig verursachten Schaden ist noch längst nicht erreicht. Und heißt: Die Erderhitzung kommt uns noch deutlich teurer zu stehen als das, was wir heute an CO2-Kosten zahlen.

Welcher CO2-Preis gilt wo?

Bislang gibt es nationale und europäische Regeln und Bepreisungen:

Der 2005 eingeführte ETS 1 betrifft große Industrieanlagen, Kraftwerke und seit 2024 auch den internationalen Seeverkehr. Nach anfänglicher Kritik wegen zu großzügiger Gratiszuteilungen wurde das System reformiert. Heute liegt der CO₂-Preis um 70  Euro pro Tonne – Tendenz steigend. Für 2027 liegen Prognosen bei über 100 Euro. Ergänzend dazu hat Deutschland im Jahr 2021 ein nationales CO₂-Bepreisungssystem für Wärme und Verkehr eingeführt. Dieses setzt bislang auf staatlich festgelegte Preise, bspw. 55 Euro pro Tonne im Jahr 2025. Im Jahr 2026 soll es einen Einstieg in ein Handelssystem geben, der festgelegte Preiskorridor beträgt dann 55 bis 65 Euro pro Tonne CO2. Dieses System wird ab 2027 durch ein europäisches Emissionshandelssystem abgelöst – den ETS 2.

Was ändert sich ab 2027?

Ab 2027 greift mit dem ETS 2 ein neues europäisches Emissionshandelssystem für die Sektoren Verkehr, Gebäude und kleinere Industrieanlagen. Anders als beim bisherigen nationalen System wird der CO₂-Preis dort vollständig marktwirtschaftlich bestimmt, auch wenn die Staaten über Zeitpunkt und Menge der verkauften Zertifikate noch einen gewissen Einfluss auf den Preis nehmen können. Der Einstiegspreis ist schwer vorherzusagen – Schätzungen reichen von 70 bis über 200 Euro pro Tonne CO₂. Die ersten Vorab-Käufe zu dem neuen Handelssystem stehen im August 2025 bei über 80 Euro pro Tonne, die Tendenz weist nach oben.  Fest steht: Die Zertifikatsmenge sinkt jährlich um über fünf Prozent. Gleichzeitig sollen die Einnahmen in nationale Klimaschutzprogramme und einen europäischen Klimasozialfonds fließen, der vor allem einkommensschwache Haushalte entlasten soll.

Was bedeutet die Entwicklung für Verbraucher:innen?

Fossiler Energieverbrauch wird in den kommenden Jahren deutlich teurer. Wer heute in eine neue Heizung oder ein Auto investiert, sollte die langfristigen Betriebskosten im Blick haben. Eine Gasheizung, die 2025 angeschafft wird, wird absehbar mit deutlich höheren CO₂-Kosten belastet – eine Wärmepumpe ist deshalb in vielen Fällen bereits heute die wirtschaftlichere Wahl. Ähnliches gilt für Neuwagen mit Verbrennungsmotor: Nicht nur steigen die Betriebskosten, auch der Wiederverkaufswert dürfte stark sinken. Für Mieter:innen ist es wichtig, dass die Politik für soziale Ausgleiche sorgt – sei es über direkte Entlastungen wie das Klimageld oder über Unterstützung für die energetische Sanierung im Gebäudesektor.

Argumente gegen den CO2-Preis – und warum sie Quatsch sind 🙃

Kritiker:innen des CO₂-Preises führen oft an, dass dieser die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen gefährde – etwa durch Produktionsverlagerung in Länder ohne Klimapolitik. Um genau das zu verhindern, führt die EU einen CO₂-Grenzausgleich ein: Der sogenannte CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) verpflichtet Importeure bestimmter Produkte dazu, für die CO₂-Emissionen im Herstellungsland einen Ausgleich zu zahlen. Damit entsteht eine faire Wettbewerbsgrundlage. Der steigende CO₂-Preis verteuert darüber hinaus auch den Einsatz fossiler Energien im Stromsektor – Kohle und Gas verlieren zunehmend an Rentabilität. Viele Expert:innen gehen daher davon aus, dass der Kohleausstieg in Deutschland bis 2030 auch ohne zusätzliche politische Maßnahmen erreicht wird – schlicht, weil sich der Weiterbetrieb nicht mehr lohnt.

Fazit

Der CO₂-Preis wird zu einem immer stärkeren Hebel für den Klimaschutz – im nationalen System, im etablierten EU-ETS 1 und ab 2027 im neuen ETS 2. Letzterer bringt erstmals europaweit ein marktbasiertes Preissignal in die bislang schwer regulierbaren Bereiche Gebäude und Verkehr. Fossile Energie wird dadurch deutlich teurer – mit klarer Lenkungswirkung für Investitionen. Gleichzeitig fließen die Einnahmen in soziale Ausgleiche und in den Ausbau klimafreundlicher Technologien. Der CO₂-Preis ist damit kein Selbstzweck, sondern ein Weg zu mehr Gerechtigkeit: Wer emittiert, zahlt – und wer vermeidet, profitiert.

  • Unterstützt seit Juli 2019 von Berlin aus die naturstrom-Pressearbeit. Schon lange Jahre überzeugter Energiewender, auch beruflich. Unter anderem zuvor bei der Agentur für Erneuerbare Energien mit Kommunikation zu einer nachhaltigen Energieversorgung beschäftigt.

  • unterstützt seit Juni 2022 das Presseteam bei naturstrom. Zuvor arbeitete er im Veranstaltungsmanagement der Verbraucherzentrale NRW und beschäftigte sich dort mit den Themen Energie und Energieberatung.

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2 Antworten

  1. Moin
    Ich bin 2013 in eine kleinere Wohnung (44,08m2) einer Wohnungsgenossenschaft gezogen, also keine Kaution, sondern Anteile kaufen.
    Im Haus hat jeder seine eigene Gastherme und kann seinen Verbrauch selber gestalten. Da die Genossenschaft 503 Wohnungen besitzt und einige kleine vermietete Reihenhäuser kann ich mir nicht vorstellen, daß eine Veränderung zwecks Heizung in dem Maße passiert. Wir haben jährlich eine Mitgliederversammlung in der alle Finanzen erklärt werden, die zusätzlich durch Fremdfirmen genau überprüft werden. Da es leider durch den Staat viele finanzielle Stolperfallen für Genossenschaften gibt, ist eine Umgestaltung der Heizungen garnicht möglich.
    Erleichterungen vom Staat im Maße der Menge der Wohnungen gibt es nicht. Wie also soll da eine Veränderung statt finden ?
    Ich bin jetzt 75 Jahre und bekomme zu meiner Rente Wohngeld. Deshalb bin ich froh in einer bezahlbaren Wohnung zu wohnen. Wenn dann die Preise wegen des Gases erhöht werden, frage ich mich wie ich das bezahlen soll.

    Gruß
    Sylvia Damaschke

    1. Moin Frau Damaschke, in genau solchen Fällen wird der Staat eingreifen und bessere Rahmenbedingungen schaffen müssen: Es braucht Förderprogramme und Hilfen, um die Auswirkungen steigender CO2-Preise sozialgerecht zu gestalten. Der wesentlichste Schritt hierfür ist in der Tat, der von ihnen angesprochene Heizungstausch. Ein solcher wird im Einfamilienhaus-Segment bereits mit bis zu 70 Prozent gefördert und mit vergünstigten Krediten begleitet. Mit vergleichbaren Programmen könnten auch Etagenwärmepumpen oder Anschlüsse an Wärmenetze realisiert werden. Neben dem Staat, auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene, müssen sich aber auch die Genossenschaften frühzeitig mit dem Thema befassen und – bestenfalls staatlich gefördert – in Gebäude und Technik investieren.
      Leider haben viele Regierungen das Thema bislang vernachlässigt, sodass nun in wenigen Jahren sehr viel passieren muss.
      Ich bin mir aber sicher, Sie und Ihre Genossenschaft werden auch diese Herausforderung bewältigen können.
      Beste Grüße
      Finn Rohrbeck

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