Bürgerenergie: Ein bewegtes Jahr und ein (optimistischer) Blick nach vorn

13.12.2024

 – Melanie Kühl

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Es weihnachtet sehr – die Zeit, in der wir das Jahr Revue passieren lassen. Während die Fernsehsender mit den üblichen Jahresrückblicken locken, laden wir euch ein, auf ein ganz besonderes Jahr zurückzublicken: 2024 war für die Bürgerenergie ein Jahr voller Höhepunkte, Herausforderungen und Weichenstellungen für die Zukunft. Von Jubiläen über beeindruckende Projekte bis hin zu zentralen Erkenntnissen über die demokratische Kraft der Energiewende haben wir in unserer Blogreihe viele Facetten beleuchtet. Wir haben gefeiert, analysiert und langjährige Weggefährt:innen zu Wort kommen lassen. In diesem Beitrag nehmen wir Sie mit auf eine Reise durch das Bürgerenergiejahr 2024 und werfen zugleich einen spannenden Blick auf die Chancen und Entwicklungen, die uns 2025 und darüber hinaus erwarten. Begleitet ihr uns?

Bürgerenergie ein demokratischer Auftrag

Mit diesem Thema sind wir so richtig in unsere Blogreihe eingestiegen: der demokratische Grundgedanke der Bürgerenergie und warum die „Energiewende von unten“ ausschlaggebend für eine gerechte und unabhängige Energieversorgung ist. Bürger:innenbeteiligung beschreibt auch Stefan Jessenberger von der fränkischen Bürgerenergie-Genossenschaft Energiewende Erlangen und Erlangen-Höchstadt eG (EWERG eG) als ausschlaggebendes Kriterium für eine erfolgreiche Energiewende. Im Interview zum 10-jährigen Jubiläum der EWERG  betont er, dass Bürgerenergie nicht nur mehr Akzeptanz für Erneuerbare Energien schafft, sondern auch die gesellschaftliche Teilhabe und regionale Wertschöpfung stärkt.  

Das Landesnetzwerk Bürgerenergie Bayern e. V. gibt es ebenfalls seit 2014. Der Vorstandsvorsitzende Markus Käser hebt in seinem Interview hervor, wie wichtig es ist, Menschen aktiv in die Gestaltung der Energiewende einzubinden, um Widerstände zu überwinden und ein Bewusstsein für den gemeinsamen Nutzen zu schaffen. Diese Erkenntnis zeigt uns: Entscheidend ist das Engagement vor Ort, um die Energiewende wirklich in die Mitte der Gesellschaft zu bringen.

Mehr Energie in Bürger:innenhand

Das Bündnis Bürgerenergie e.V. (BBEn) ist ein unermüdlicher Vorreiter für Energie in Bürger:innenhand. Seit seiner Gründung vor zehn Jahren  hat sich der Verband als zentrale Größe und bundesweiter Interessenvertreter der Bürgerenergie etabliert. naturstrom ist von Anfang an stolzes Mitglied und unterstützt die Mission des BBEn, die Energiewende demokratisch und partizipativ zu gestalten. Die beeindruckende Bilanz des Bündnisses zeigt: Gemeinsam können wir die Energiezukunft nachhaltig und bürgernah gestalten.  

Natürlich darf auch ein Jubiläumsfest nicht fehlen, um die Energie in Bürger:innenhand gebührend zu feiern. So feierte naturstrom gemeinsam mit drei Partner-Bürgerenergie-Genossenschaften „zehn Jahre Bürgersolarpark Uttenreuth“ – ein außergewöhnliches Projekt, dass die gelungene Umnutzung eines ehemaligen Armeegeländes für Erneuerbare Energien eindrücklich zeigt.

Franziska Mehrbach erklärt Bürger:innen die Energiewende. © naturstrom AG

Hinter den Kulissen: Herzblut und Transparenz

Natürlich wollten wir euch auch teilhaben lassen an der  vielfältigen Arbeit unserer Abteilung Bürgerenergie bei naturstrom. Projekte begleiten, Menschen informieren und aktiv bleiben. Transparenz und Partnerschaft sind dabei unser Erfolgsrezept. So wird Vertrauen und langfristige Akzeptanz geschaffen.

Wachsende Akzeptanz durch Nähe

Ein Blick zurück braucht selbstverständlich auch einen Blick nach vorn. Und was braucht es, damit Erneuerbare Energien von allen akzeptiert werden? Ganz klar: Nähe und damit eine starke Einbindung der Menschen vor Ort! Die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) bringt es in einer gerade im November veröffentlichten Studie auf den Punkt: „Die Erneuerbaren stehen ohne Konkurrenz für eine Kombination aus Klimaschutz, Unabhängigkeit und bezahlbarer Energieversorgung.“ Ihre jüngste Akzeptanzumfrage zeigt, dass besonders jene Menschen, die in der Nähe von Wind- oder Solaranlagen wohnen, die Energiewende tatkräftig unterstützen. Das ist eine großartige Nachricht!

Für uns in der Bürgerenergie bedeutet das auch: Engagement ist gefragt! Je näher die Menschen an den Projekten dran sind, desto größer ist die Zustimmung. Dr. Robert Brandt, Geschäftsführer der AEE, bringt es auf den Punkt: „Wenn man von Anfang an die Bevölkerung zur Beteiligung anregt, sie bei der Umsetzung der Energiewende vor Ort kontinuierlich miteinbezieht und ihnen die Wertschöpfung in ihrem Umfeld zeigt, sind sie die größten Befürworter der Erneuerbaren Energien.“ Genau diesen Ansatz verfolgen wir, um gemeinsam mit Ihnen die Akzeptanz für erneuerbare Energien weiter zu stärken. Und mal ehrlich: Was gibt es Schöneres, als gemeinsam etwas zu bewegen?

Einmal im Jahr erhebt die AEE, wie es um die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung bestellt ist.

Also „alles super“ oder was?

Der Aral-Slogan „Alles super“ aus den 90er Jahren ist schon lange Vergangenheit – und seitdem hat sich zum Glück viel getan. Dennoch: Wir haben zwar viel erreicht, aber es liegt noch ein weiter Weg vor uns. Laut dem Deutschlandtrend für Dezember rangiert das Thema Umwelt und Klima weit hinter Wirtschaft, Zuwanderung sowie Frieden und Außenpolitik. Noch im September 2021, zur letzten Bundestagswahl, stand die Klimakrise an erster Stelle der wichtigsten Probleme, die die Menschen bewegen. Der Klimawandel wird im Gegensatz zu den aktuellen großen Krisen nicht als unmittelbar wirkend wahrgenommen. Es zeigt sich jedoch, dass Umwelt und Klima nicht losgelöst von anderen Themen betrachtet werden können. Der Ausbau Erneuerbarer Energien und die dezentrale Energiewende sind nicht nur essenziell für den Klimaschutz, sondern auch bedeutende Wirtschaftsfaktoren: Sie stärken die heimische Wirtschaft, senken Energiekosten, reduzieren die Abhängigkeit von Energieimporten und machen den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt attraktiver.

Quo vadis Bürgerenergie 2025?

Natürlich hört unsere „Bürgerenergie-Reise“ hier nicht auf. Bereits im Oktober hat die Bundesnetzagentur die Auswirkungen der neuen Regelungen zur EE-Netzkostenverteilung veröffentlicht. Ab dem 1. Januar 2025 werden in Regionen mit hoher Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien die Netzentgelte sinken. Dies entlastet nicht nur Haushalte in Flächenländern mit viel Wind- und/oder Solarenergie finanziell, sondern stärkt auch die wirtschaftliche Basis für Bürgerenergieprojekte.

Das Jahr 2025 markiert damit einen Wendepunkt: Bürgerenergiegenossenschaften und andere lokale Initiativen profitieren besonders von den sinkenden Netzentgelten, da diese die Betriebskosten für erneuerbare Energieanlagen erheblich senken. Netzentgelte machen rund ein Fünftel des Strompreises für Endkund:innen aus und beeinflussen daher direkt die Rentabilität solcher Projekte. Mit dem neuen Wälzungsmechanismus, der die Netzkosten gleichmäßiger über die Republik verteilt, werden Regionen mit viel erneuerbarer Energieerzeugung gezielt gefördert.

Zusätzlich wird ab dem 1. April 2025 die Einführung zeitvariabler Tarife durch Verteilnetzbetreiber die Flexibilität der Netznutzung erhöhen, was Bürgerenergieprojekten ermöglicht, ihre Einspeisung besser zu optimieren. Für Bürgerenergieprojekte bedeutet dies nicht nur geringere laufende Kosten, sondern auch verbesserte Rahmenbedingungen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber großen Energieanbietern zu steigern. Quo vadis Bürgerenergie 2025? Die Zeichen stehen auf Wachstum, Effizienz und einer stärkeren Beteiligung von Bürger:innen an der Energiewende.

Jubiläum 2025: Bayern feiert bavariastrom

Achtung Spoiler: Nach dem Jubiläumsjahr ist vor dem Jubiläumsjahr, denn 2025 feiern wir 10 Jahre bavariastrom!  Vor einer Dekade hat das Landesnetzwerk Bürgerenergie Bayern e. V. (BEBay) gemeinsam mit naturstrom das erste bayernweite Stromprodukt aus Bürgerhand ins Leben gerufen. 100% Ökostrom aus bayerischen Bürgerenergieanlagen und die Wertschöpfung bleibt in der Region. Dazu wird es im kommenden Jahr viele Highlights und interessante Berichte geben ihr könnt gespannt bleiben.

Gemeinsam die Energiewende gestalten

Unser Fazit? Bürgerenergie ist weit mehr ist als Stromerzeugung. Sie ist eine Bewegung für gesellschaftlichen Wandel und wirtschaftliche Innovation. Die kommenden Jahre versprechen Großes: niedrigere Netzentgelte, spannende Projekte und viel Optimismus. Gemeinsam lassen sich diese Chancen Schritt für Schritt nutzen.

Frohe Festtage und einen erfolgreichen, energiereichen Start ins neue Jahr!

Ihr Bürgerenergie-Team von naturstrom

Vlnr: Melanie Kühl, Annika Naumann, Nina Lang, Franziska Rutscher, Franziska Mehrbach, Christina Lenzen
  • engagiert sich bei naturstrom im Team „Bürgerenergie & projektbegleitende Kommunikation“ für den Ausbau der dezentralen, bürgernahen Energiewende.

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Eine Antwort

  1. Guten Tag,
    wir sind seit vielen Jahren -seit 1994 – Einpeisende von Solarstrom. Darüber hinaus haben wir mit Maßnahmen wie Fenstertausch und hydraulischem Abgleich und Pumpenoptimierung unseren CO2-Abdruck kontinuierlich gemindert.
    Auch mit regionalem Einkauf, wenig Autoverkehr – 54 % lt. DUH -Ranking Platz 1 in NRW) jetzt eine Freiflächen-PV-Anlage zu installieren. Dies obwohl wegen der vielen Gebäude und Parkflächen dort das 70 bis 90- fache an Flächen-Kapazität brach liegt.
    Die Freiflächen-PV-Anlage soll jetzt auch als „Bürgerinvestment“ angeboten werden. Damit will die Stadtwerke Hilden ihr Investitionsvolumen mit finanzieren lassen und welche „Anwohner-Rest-Rendite“ herauskommt, ist noch völlig unklar! Dies läuft dann alles unter Bürger-Energie? Das sind Fake-News im Scharz-Grün-regierten NRW und nicht im Trumpschen USA. Wir hat der Landwirt eine Online-Petition gestartet, die wir mit einem vielfach verteilten Flyer und mehreren Infoständen sowie Auslegungen bei Friseuren und Privatleuten mit der Möglichkeit einer Unterschriftsleistung – für nicht computer-affine Menschen – unterstützt haben. jetzt soll der Hildener Stadtrat am 17.12. dazu enstcheiden, ob der Bauer seinen Acker und wir als Bürgerschaft unser Naherholungsgebiet behalten können.
    Fazit: Bürgerenergie gut und schöne, aber ohne Tricks und mit echtem Vor-Ort-Nutzen ohne Tricks und Fakes!!!
    Nur dann wird daraus eine demokratische bürgerfreundliche Erfolgsgeschichte.
    Dazu würde ich mir weitere – auch kleinere – Projekte auch von Naturstrom wünschen ud das kurz vor Weihnachten!

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