Fünf Jahre Pariser Klimaabkommen – Meilenstein oder Sackgasse für den globalen Klimaschutz?

Rio de Janeiro, Kyoto und Paris – was sich so anhört wie eine Aufzählung der schönsten Reiseziele der Welt, sind gleichermaßen wichtige Stationen im Kampf gegen den Klimawandel. In diesen drei Städten fanden jeweils Klimakonferenzen statt, die internationale Abkommen zur Rettung des Klimas zur Folge hatten. Am 12. Dezember 2020 jährt sich nun die Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens als letzter und bislang weitreichendster Klimaschutzvereinbarung zum fünften Mal. Wir fassen für euch zusammen was das Abkommen überhaupt beinhaltet und was in der Zwischenzeit passiert ist – und wir wagen einen Ausblick, wie es um die Zukunft des Übereinkommens bestellt ist.

Der Weg nach Paris

Wie kam es überhaupt zu dem Pariser Klimaabkommen? Dazu hilft ein kleiner Blick in die Vergangenheit und eine Betrachtung der vorangegangenen internationalen Klimaschutz-Abkommen. 1992 wurde in der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro mit der Verabschiedung der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) ein erster wichtiger Schritt zur globalen Reduktion der Treibhausgasemissionen getan. Die 1994 in Kraft getretene Vereinbarung war der erste internationale Vertrag, der den Klimawandel als eine ernsthafte Bedrohung einstufte. Fünf Jahre nach dem Treffen von Rio wurde 1997 das nach dem Versammlungsort benannte Kyoto-Protokoll verabschiedet. Dieser völkerrechtliche Vertrag war wiederrum der erste seiner Art, der verbindliche Zielwerte für den Treibhausgas-Ausstoß in Industrieländern festlegte.

Obwohl das Problem der rapiden Klimaerhitzung also in der Weltgemeinschaft verankert wurde, wuchsen die ursächlichen Treibhausgasemissionen immer weiter an. Im Jahr 2015 angekommen hatte sich die Situation um den Klimawandel daher dramatisch verschlechtert. Die Staatengemeinschaft stand unter Druck, ein Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Protokoll zu verabschieden. Dieses sollte nicht nur endlich Fortschritte beim Klimaschutz bringen, sondern musste auch eine inzwischen deutlich veränderte Ausgangslage adressieren: Waren 1990 die Industrieländer noch für rund 60% der globalen Emissionen verantwortlich, war der Anteil 2015 auf 1/3 gesunken – jedoch nicht auf Grund einer Reduktion, sondern da der Gesamtausstoß, speziell durch wirtschaftlich aufstrebende Nationen wie China oder Indien, drastisch angestiegen war. Auch wenn die Industrieländer durch ihre historischen Emissionen weiterhin klar die Hauptverantwortung für die bisherige globale Temperatursteigerung hatten, mussten für die erforderliche Begrenzung einer weiteren Klimaerhitzung nun auch diese Länder auf eine Umkehr in ihren Treibhausgasentwicklungen verpflichtet werden. Ein erster Versuch zu einem neuen Abkommen, dass diese geänderten Realitäten widerspiegeln sollte, war sechs Jahre zuvor bei der Klimakonferenz in Kopenhagen (COP15) gescheitert.

Der Teufel steckt im Detail

Nach jahrelangen Vorverhandlungen, der eigentlich zwei Wochen dauernden Konferenz und einer Verlängerung des Konvents um 24 Stunden wurde der 30 seitige Übereinkommenstext vom französischen Außenminister und Klimakonferenzpräsident Laurent Fabius am 12.12.2015 um 19:26 mit einem Hammerschlag auf den Konferenztisch feierlich als beschlossen verkündet. Das Paris Agreement wurde weithin als „Meilenstein“ der Klimadiplomatie beschrieben. Doch worauf hatte man sich überhaupt geeinigt?

Das Übereinkommen verfolgt diese drei Hauptziele:

  1. Begrenzung der Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf „deutlich unter“ zwei Grad Celsius, mit Anstrengungen für eine Beschränkung auf 1,5 Grad.
  2. Stärkung der Fähigkeit zur Anpassung an den Klimawandel wird neben der Minderung der Treibhausgasemissionen als gleichberechtigtes Ziel anerkannt.
  3. Anpassung der Finanzströme zur Erreichung der Klimaziele.

Die Besonderheit des Pariser Klimaabkommens liegt in der Anzahl von Ländern, die sich verpflichten, nationale Klimaschutzziele (sogenannte Nationally Determined Contributions, NDCs) zu definieren. Nachdem im Kyoto-Protokoll nur die Industriestaaten Vertragsparteien waren, einigten sich in Paris 196 Länder, wirksame Klimaschutzregeln zu erarbeiten und umzusetzen. Praktisch die gesamte Welt ist übereingekommen und hat gemeinsam beschlossen, der drohenden globalen Klimakatastrophe vereint entgegenzutreten. Wie so oft, hat die Sache aber einen Haken: Die konkreten Treibhausgasminderungsbeiträge erwachsen allein aus den Selbstverpflichtungen, es gibt daher keine Möglichkeit der Sanktionierung, falls ein Vertragspartner seine selbstauferlegten Ziele nicht erreicht. Die mangelnde Durchsetzbarkeit der Ziele ist daher einer der größten Kritikpunkte am Abkommen.

Neben den Emissionsregeln verpflichteten sich die Industrieländer zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern.  Zwischen 2020 und 2025 sollten jährlich 100 Milliarden Dollar fließen: für die Erneuerung der Energieversorgung, aber auch zur Beseitigung von Schäden, die durch Klimawandel entstanden sind. Auch hier ist auf das Kleingedruckte zu achten. In den 100 Milliarden Dollar werden privatwirtschaftliche Investitionen miteinberechnet, nur ein kleiner Anteil wird tatsächlich aus staatlichen Geldern finanziert werden.

Neben diesen beiden Verpflichtungen sind im Paris Agreement unter anderem noch Abmachungen zum Technologietransfer zwischen Industrie- und Entwicklungsländern und das Bestreben nach Treibhausgasneutralität der Welt in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts vereinbart worden.

The Times They Are A-Changin‘

Fünf Jahre sind eine lange Zeit in der Politik und in der Zwischenzeit ist auch einiges um das Pariser Abkommen passiert, z. B. der erst kürzlich wirksam gewordene Austritt der USA aus der Vereinbarung. Doch fangen wir der Reihe nach an:

Bevor der Vertrag in Kraft treten konnte, mussten mindestens 55 Staaten, die 55% der Emissionen verursachen das Abkommen ratifizieren. Diesen Meilenstein erreichte man am 4. November 2016, nur drei Tage vor dem Beginn der Nachfolgekonferenz von Paris in Marrakesch (COP22). Seitdem sind drei weitere Klimakonferenzen in Bonn, Katowice und Madrid abgehalten worden (COP 23-25). Eine fünfte wäre, wenn die Covid-19 Pandemie nicht zu einer Verschiebung auf 2021 gezwungen hätte, am 12. November 2020 in Glasgow zu Ende gegangen.

Auf der Konferenz in Polen konnte eine Einigung über das sogenannte „Regelbuch“ gefunden werden, welches die Art und Weise der Implementierung von den Versprechen auf dem Papier in die Realität vorschreibt. Besonders wichtig dabei ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse, d.h. wie die Vertragsstaaten ihre vereinbarten Emissionsreduzierung zu messen, berichten und verifizieren haben. Inzwischen haben 189 Staaten das Abkommen ratifiziert und damit ein Großteil der Länder der Welt.

Auf gesellschaftlicher Ebene hat sich ebenfalls viel verändert. Das Thema Klimaschutz ist – gemessen an der Bedeutung natürlich auch vollkommen zurecht – zu einer der wichtigsten Fragen unserer Zeit geworden. Fridays for Future, die als Vertreter der jüngeren Generation besonders von den weiter fortschreitenden Veränderungen des globalen Klimas betroffen sind machen seit 2018 global mittels Demonstrationen und weiteren Aktionen auf die Folgen des Klimawandelns aufmerksam. Ihre Hauptforderung ist einfach nur die Umsetzung des in Paris beschlossenen Abkommens und damit die Einhaltung des 1,5-Grad-Zieles.

Uns bleibt immer noch Paris

Mit Blick auf das Pariser Abkommen gibt es Hoffnung und Sorge zugleich, wenn man in die nähere Zukunft blickt. Gut ist, dass inzwischen 189 Staaten das Abkommen ratifiziert haben, das sind fast alle Länder der Welt. Auch bei den zwischenzeitlich ausgetretenen USA besteht wieder Hoffnung: Der dort neu gewählte Präsident Joe Biden hat bereits versprochen, dem Paris Agreement erneut beizutreten – da die USA der zweitgrößte Treibhausgasemittent weltweit sind, ein enorm wichtiges Signal im Kampf gegen den Klimawandel. Gleichzeitig sind die selbstauferlegten Ziele der Vertragsstaaten nicht ausreichend. Selbst wenn alle Länder ihre Quoten einhalten, würde laut einer aktuellen Studie der Vereinten Nationen die Erde trotzdem im Jahre 2100 um circa 3 Grad Celsius wärmer sein als vor dem industriellen Zeitalter, mit katastrophalen Folgen. Es sind stärkere Reduktionen von Treibhausgasen und weitere Maßnahmen notwendig, um das Mindestziel von 2 Grad zu erreichen.

Trotz aller Mängel ist festzuhalten, dass das Pariser Klimaabkommen ein richtiger und wichtiger Schritt im Kampf gegen den Klimawandel, da hier erstmals eine globale Anstrengung zum Klimaschutz und eine konkrete Begrenzung der Erderhitzung vereinbart wurden. Des Weiteren dient das Abkommen als Referenzpunkt für viele nationale Anstrengungen, wenn diese auch noch nicht ausreichend sind. Selbst Klagen gegen Unternehmen und Staaten für wirksamere Treibhaugasbegrenzungen sind bereits mit Bezug auf das Abkommen begonnen – und teils gewonnen – worden. Zudem hat das Pariser Abkommen die Grundlagen für weitere, wirkungsmächtigere Regelwerke gelegt – und wer weiß, vielleicht können wir schon bald Glasgow in die Reihe der schönsten Reiseziele der Welt mit klimapolitischer Historie hinzufügen.

 

Die Rückschau auf das Pariser Klimaabkommen hat Lucas Heimbach geschrieben. Lucas ist seit September 2020 studentischer Mitarbeiter in unserem PR-Team und schreibt neben Blogbeiträgen seine Masterarbeit zum Kohleausstieg.

naturstrom Team
onlinemarketing@naturstrom.de

Unter diesem Profil schreiben NATURSTROM-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, die nicht zu den regelmäßigen Blog-Autoren gehören.

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