4.000 Solarlichter für Bangladesch – Starthilfe für die Ärmsten

Ein Leben ohne elektrisches Licht? Was für die meisten von uns undenkbar ist, ist Alltag in Bangladesch. Dort sind viele Familien auf Petroleumlampen angewiesen, deren Rauch Atemwegserkrankungen verursacht. Im Rahmen der Initiative „Solarlicht für Bangladesch“ bietet die ANDHERI HILFE eine Alternative: Solar-Home-Systeme, bestehend aus einem Photovoltaikmodul, einer Batterie sowie einer dazugehörigen Lampe, ermöglichen auch dann noch Licht, wenn die Sonne längst untergegangen ist – und das ohne negative Folgen fürs Klima oder die Gesundheit.

Seit zwölf Jahren unterstützt NATURSTROM die ANDHERI HILFE bei dieser Initiative, unter anderem im Rahmen unseres Empfehlungsprogrammes. Hier haben Menschen, die ihre Familie oder Bekannte für den Wechsel zu uns begeistern, die Möglichkeit, ihre Prämie an die ANDHERI HILFE zu spenden. So unterstützen sie eine bangladeschische Familie bei der Installation eines Solar-Home-System. Das Ergebnis: 4.000 Solar-Home-Systeme – und jede Menge glückliche Familien.

Foto: ANDHERI HILFE

Elvira Greiner ist erste Vorsitzende des Vereins, der 1967 gegründet wurde, und steht in engem Austausch mit den Familien vor Ort. Mit uns sprach sie über ihre Arbeit, die Zukunft des Vereins und welchen Einfluss Corona auf die Bedingungen vor Ort hat.

Frau Greiner, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für uns nehmen.
Ein Grundsatz der ANDHERI HILFE ist es Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Wieso mit Solarlichtern?

Das helle Solarlicht verändert so viel für die Familien: In Bangladesch wird es schon früh dunkel. Im Solarlicht können die Erwachsenen noch durch Heimarbeit dazu verdienen: nähen, sticken, Körbe flechten etc. So können sie mit ihrer Hände Arbeit das Familieneinkommen verbessern, den Lebensunterhalt sichern. Die Kinder können ihre Hausaufgaben machen, lernen. Es ist eindrucksvoll zu sehen, dass diese Kinder viel besser in der Schule mitkommen als zuvor. Ihre Bildungschancen steigen spürbar.

Die Solar-Home-Systeme sind nicht komplett aus Spenden finanziert, die Familien leisten auch einen Eigenanteil. Wieso verschenken Sie die Solarsysteme nicht einfach?

Sie kennen doch sicher den Spruch: „Was nichts kostet, das ist auch nichts.“ Wenn die Familien einen Eigenanteil zahlen, dann wissen sie die Solaranlage anders wertzuschätzen. Außerdem sparen sie ja ab der Installation die Kosten für das Petroleum ihrer alten Lampen. Mit diesem Geld zahlen sie in kleinen Raten ihren Eigenanteil für die Solaranlage, ohne dass das Haushaltsbudget zusätzlich belastet wird. Und ab der letzten Ratenzahlung hat die Familie dann Geld für andere dringende Ausgaben.

Foto: ANDHERI HILFE

Wie lange braucht es von dem Zeitpunkt, an dem eine Familie ihr Interesse an einem Solarmodul bekundet, bis zur fertigen Anlage auf ihrem Haus? Bewerben sich Familien bei Ihnen oder gehen auch Sie proaktiv auf mögliche Familien zu?

In der Regel sind es die Frauen, die sich um eine Solaranlage bewerben, allerdings nicht bei uns, sondern bei ihrer eigenen Frauengruppe. Diese empfiehlt nämlich diejenigen, die am dringendsten eine solche Förderung brauchen. Die Anträge aus den Gruppen werden dann mit den Projektverantwortlichen vor Ort besprochen und es wird priorisiert, in welcher Reihenfolge die Solaranlagen installiert werden sollen. Meist erfolgt die Umsetzung dann innerhalb weniger Monate.

Wie beeinflusst Corona die Menschen in Bangladesch? Welche Auswirkungen hat sie auf die Arbeit der ANDHERI HILFE?

Hier bei uns hat die Corona-Krise das Leben einschneidend verändert. Aber in Bangladesch bedroht sie das Überleben der Menschen. Ende März verhängte die Regierung eine zweimonatige strikte Ausgangssperre, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Vielleicht die einzige Chance angesichts eines Gesundheitssystems, das schon vor Corona viel zu schwach war. Andererseits brachte just diese Ausgangssperre die Menschen von einem Tag auf den anderen in größte Not. Die meisten leben von der Hand in den Mund, vom Tagelohn. Keine Arbeitsmöglichkeit heißt somit: kein Einkommen, kein Essen = Hunger. Unsere Partner vor Ort versuchen die Menschen zu unterstützen, wo immer es geht, auch Regierungshilfe zu mobilisieren. Auch wir haben schnelle Nothilfe für 2.635 ärmste Familien geleistet, dank der Mitwirkung unserer Spenderinnen und Spender. Die reguläre Projektarbeit musste für Monate zurückstehen. Jetzt ist nach und nach wieder mehr Bewegung im Land und mehr Aktivitäten sind erlaubt – obwohl die Infektionszahlen steigen. Unter Einhaltung der bestmöglichen Vorsichtsmaßnahmen führen auch unsere Partnerorganisationen die Aktivitäten so weit wie irgend möglich wieder fort. Schließlich geht es für so viele Menschen ums Überleben – und das ist bei Weitem nicht nur durch Corona bedroht.

Wie hat sich die Arbeit der ANDHERI HILFE in den letzten Jahren verändert? Welche Rolle spielt die Digitalisierung für Sie? Wie haben sich die Familien, die die ANDHERI HILFE unterstützt, in den letzten zehn Jahren verändert?

Gerade in der aktuellen Corona-Krise sehen wir, wie wertvoll es ist, dass wir heute auf digitale Weise miteinander kommunizieren können. So können die Projektplanungen weitergeführt werden. So können unsere Partner mit ihren Teammitgliedern (die oft verstreut in einer größeren Projektregion tätig sind) in Kontakt bleiben. Und die Menschen, die wir fördern, die haben heute zwar in der Regel immer noch keinen Computer, aber wenigstens ein einfaches Handy. Und darüber sind sie im Austausch mit den Projektmitarbeitern und untereinander. Wichtige Informationen – von Hygieneregeln bis zu Regierungsprogrammen – können auf diese Weise geteilt werden.

Welche Wegmarke wollen Sie in 10 Jahren mit der ANDHERI HILFE erreicht haben?

Wir sehen, dass es in Bangladesch in vielen Bereichen positive Entwicklungen gibt – trotz der immensen Herausforderungen. Die Regierung setzt sich sehr für eine Grundversorgung in den Bereichen Gesundheit und Bildung ein. Durch unsere Arbeit erfahren immer mehr Menschen von den staatlichen Programmen und lernen, diese zu nutzen. Gleichzeitig geht es um die Wahrnehmung und Entwicklung der Selbsthilfekräfte. So werden ganze Dörfer zu „Modelldörfern“. Die Menschen in der Umgebung lernen von ihnen – und brauchen unsere Hilfe dann kaum noch oder gar nicht. Das ist unser Ziel: Dass sich immer mehr Menschen aus eigener Kraft ein Leben in Würde aufbauen können. Bildung ist dazu ein wichtiger Schlüssel. Und eine Solaranlage ein wichtiger Beitrag zu besserer Bildung!

Sie sind seit 1981 bei der ANDHERI HILFE tätig und haben in dieser Zeit sehr viel bewegt, seit 19 Jahren sogar als erste Vorsitzende. Wie sind Sie zum Verein gekommen?

Hier könnte ich Ihnen seitenlang berichten. Kurz zusammengefasst kann ich sagen: Das war Fügung! Ich war beim Auswärtigen Amt tätig und erfuhr „durch Zufall“ von der ANDHERI HILFE. Hauptamtlich im Ministerium, ehrenamtlich bei der damals noch kleinen ANDHERI HILFE erlebte ich den Unterschied: Mit einem kleinen Team unglaublich engagierter Menschen hier wie in Bangladesch und Indien waren gezielte konkrete Veränderungen machbar – schnell und unbürokratisch. Das hat mich damals begeistert und das begeistert mich bis heute – so sehr, dass ich 2001 den Vorsitz der ANDHERI HILFE übernommen habe.  Ich sehe, wofür ich mich mit Kopf und Herz und Hand einsetze: Unsere Arbeit bringt ärmsten Menschen die Starthilfe, die sie brauchen, um sich ein Leben in Würde aufzubauen. Diese Veränderungen zu sehen, zu denen wir beitragen, das erfüllt mich täglich aufs Neue mit Dankbarkeit.

Foto: ANDHERI HILFE

In 39 Jahren Vereinsarbeit erlebt man bestimmt viele bewegende Momente. Können Sie uns verraten, welcher einer der bisher schönsten war?

In Bangladesch durfte ich 2003 bei der ein millionsten Augenoperation dabei sein. Hasna, ein 14-jähriges Mädchen, wurde operiert. Drei Jahre war Hasna blind gewesen, weil die Familie die Arztkosten nicht bezahlen konnte. Als ihr am Tag nach der Operation die Augenbinde abgenommen wurde und sie sich zum ersten Mal nach so langer Zeit im Spiegel sah, da zeigte sie lachend auf ihr Spiegelbild. „Das bin ich!“ Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich an diesen Moment denke!

Vielen Dank für Ihre Zeit und die spannenden Einblicke, Frau Greiner.  

Wer jetzt Lust bekommen hat, die Arbeit von Elvira Greiner und ihrem Team zu unterstützen, der kann entweder NATURSTROM weiterempfehlen und seine Prämie an die ANDHERI HILFE abtreten oder aber dem Verein ganz unkompliziert online spenden. So oder so steht fest: Die Menschen vor Ort und die Umwelt werden es euch danken.

 

Das Projekt wird aus GSL-Fördermitteln bezuschusst.

Britta Robst
britta.robst@naturstrom.de

kam 2017 als Azubi zu NATURSTROM, um auch beruflich die Energiewende voranzubringen. Seit Juli 2020 unterstützt sie nun nach ihrem Abschluss das Social-Media-Team und gibt hier auf dem Blog spannende Einblicke ins Unternehmen und die Energiewende.

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